Messdaten aus der Sonnenatmosphäre
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Göttingen astronews.com
17. September 2010
Noch in diesem Jahrzehnt plant die NASA eine bislang einmalige Mission: Die
Sonde Solar Probe Plus soll erstmals in die Atmosphäre der Sonne
vordringen und auf diese Weise einmalige Messdaten von unserem Zentralgestirn
sammeln. Diese könnten helfen, das Weltraumwetter berechenbarer zu machen. An
dem Unternehmen beteiligt sind auch Astrophysiker der Universität Göttingen.
Die NASA-Sonde Solar Probe Plus soll der Sonne
näher kommen als jede andere Sonde zuvor.
Bild:
Universität Göttingen |
Spätestens im Jahr 2018 will die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA
erstmals in die Atmosphäre der Sonne vordringen. An Bord der Raumsonde
Solar Probe Plus soll sich dann auch Technik befinden, die
unter anderem am Institut für Astrophysik der Universität Göttingen
entwickelt wurde. Die Göttinger Wissenschaftler sind zuständig für die
Software der Mission sowie für die Datenanalyse der an Bord
installierten Weitwinkelkamera. Die Kamera soll unter anderem erstmals
Bilder des Sonnenwindes aus nächster Nähe einfangen.
"Mit der Mission betritt die NASA absolutes wissenschaftliches Neuland",
erklärt der Göttinger Astrophysiker Dr. Volker Bothmer. "Noch nie hat die
Menschheit die Atmosphäre eines Sterns besucht." Bei der Weitwinkelkamera
handelt es sich um eins von insgesamt vier wissenschaftlichen Instrumenten, die
Informationen über die elektrischen und magnetischen Felder der Sonnenatmosphäre
und des Sonnenwindes liefern sollen.
Die Messungen an Bord der Raumsonde sollen Aufschluss geben über zwei der
größten noch ungelösten Fragen der Astrophysik: Warum ist die äußere Atmosphäre
der Sonne so viel heißer als die sichtbare Oberfläche der Sonne? Und welche
physikalischen Prozesse erzeugen den Sonnenwind? Antworten auf diese Fragen
würden zu einem besseren Verständnis der Auswirkungen beitragen, die die
Aktivität der Sonne auf die Erde hat.
Die Erde ist im Weltraum ständig dem anströmenden Sonnenwind und seinen
teilweise heftigen Böen ausgesetzt, dem sogenannten Weltraumwetter. Diese können
neben den bekannten Polarlichtern auch eine Vielzahl unerwünschter Effekte
auslösen, wie zum Beispiel Störungen des Funkverkehrs, der Satellitennavigation
und -kommunikation und mitunter sogar Stromausfälle. "Die Messungen von
Solar Probe Plus werden auch zu einem tiefgreifend neuen Verständnis der
Vorgänge um das Weltraumwetter führen", so Bothmer. Die Auswirkungen des
Sonnenwindes beschäftigten schon vor fast 200 Jahren einen anderen Göttinger
Astrophysiker: Carl Friedrich Gauß registrierte in den ersten Jahrzehnten des
19. Jahrhunderts Schwankungen des Erdmagnetfelds, von denen man heute weiß, dass
sie durch den Sonnenwind verursacht werden.
Am Konzept für die NASA-Mission hat ein fünfzehnköpfiges Team aus
Wissenschaftlern und Technikern, dem auch Bothmer angehörte, vier Jahre lang
gefeilt. Auf sieben Flügen an der Venus vorbei bekommt die Raumsonde im Verlauf
von sieben Jahren den nötigen Schwung, um sich der Sonnenoberfläche in jeweils
dreimonatigen Umlaufzeiten bis auf einen Abstand von sechs Millionen Kilometern
nähern zu können. Dann wird sie sogar Messdaten direkt aus der Sonnenatmosphäre
zur etwa 150 Millionen Kilometer entfernten Erde senden. Ein spezielles
Schutzschild aus Kohlenstoffverbindungen soll die Sonde und ihre Instrumente
dabei vor den enormen Temperaturen von über 1.500 Grad Celsius schützen.
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