Neuer Teilchenbeschleuniger im Untergrundlabor?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Forschungszentrum Dresden-Rossendorf und der TU Dresden astronews.com
26. April 2010
Dresdner Wissenschaftler setzten sich für den Bau eines
Teilchenbeschleunigers in einem unterirdischen Labor in der Nähe der
sächsischen Hauptstadt ein. Mit der Anlage soll die Entstehung von Elementen
im Inneren von Sternen untersucht werden. Bei einem Workshop mit deutschen
und ausländischen Astrophysikern wollen sie in dieser Woche am
Forschungszentrum Dresden-Rossendorf über die Pläne beraten.
![NGC 604](../../../bilder/2003/0312-005.jpg)
Das Sternentstehungsgebiet NGC 604 in einer
Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble.
Bild: NASA und das Hubble
Heritage Team (STScI/AURA) [mehr
über dieses Bild] |
Die Beobachtung von Sternen hat dank neuartiger Teleskope seit einigen
Jahren eine unglaubliche Präzision erreicht. Aber was genau geht in
ihrem Inneren vor sich? Sterne und Sternexplosionen sind die wichtigste
Quelle für die heute bekannten chemischen Elemente und damit auch für
das Leben auf der Erde. Um die Entstehung der Elemente im Inneren von
Sternen zu verstehen, stellen Kern- und Astrophysiker diese
Erzeugungsreaktionen mithilfe von Teilchenbeschleunigern nach.
Weltweit, so Physiker des Forschungszentrums Dresden-Rossendorf (FZD) und der TU
Dresden, seien sich die Wissenschaftler einig, dass dafür eine neue
Beschleunigeranlage nötig ist. Diese sollte zudem unter der Erde liegen, da
manche dieser Prozesse extrem selten stattfinden. Nur unter Tage wird die
kosmische Strahlung, der wir auf der Erde permanent ausgesetzt sind, so
abgeschirmt, dass diese raren Ereignisse untersucht werden können.
Allerdings steht bisher nur ein einziger Beschleuniger in einem Untertagelabor
zur Verfügung, der nur einen Teil des in Sternen vorherrschenden Energiebereichs
abdecken kann. "Für weiterführende astrophysikalische Experimente brauchen wir
deshalb eine Anlage, die Teilchen auf etwa zwei Millionen Elektronenvolt
beschleunigen kann", so Kernphysiker Dr. Daniel Bemmerer vom FZD, der gemeinsam
mit Prof. Dr. Kai Zuber von der TU Dresden einen am Mittwoch beginnenden
Workshop zu diesem Thema organisiert hat.
Für den Standort eines neuen Beschleunigers haben Bemmerer und Zuber bereits
einen idealen Kandidaten: den Felsenkeller im Plauenschen Grund in Dresden.
Beide Wissenschaftler nutzen das dort vom Verein für Kernverfahrenstechnik und
Analytik Rossendorf (VKTA) betriebene Labor bereits jetzt für Experimente ohne
Beschleuniger. Die Kooperation ist vertraglich geregelt.
"Der Felsenkeller wäre ein idealer Standort für einen neuen
Teilchenbeschleuniger. Er ist von Dresden aus für Nutzer schnell erreichbar
sowie einfach zugänglich, sodass ein größeres Forschungsgerät, wie ein
Beschleuniger es ist, problemlos aufgebaut werden könnte. Das ist nicht bei
allen Untertagelabors auf der Welt so leicht möglich. Außerdem bietet Dresden
ein wissenschaftliches Umfeld, in dem das nötige Know-how zum Aufbau sowie
Personal zum Betrieb des Beschleunigers vorhanden sind", sagt Prof. Zuber.
So wurde am FZD der supraleitende Elektronen-Beschleuniger ELBE aufgebaut, der
heute von Forschern aus aller Welt genutzt wird. Zuber und Bemmerer haben das
Ziel, mit einem neuen unterirdischen Beschleuniger sowohl deutsche als auch
ausländische Wissenschaftler nach Dresden zu locken. Das Interesse und die
Teilnehmerzahl an dem geplanten Workshop werten die Organisatoren als positives
Zeichen. Neben astrophysikalischen Experimenten könnte die Anlage auch für
Untersuchungen in der Festkörper- und Teilchenphysik eingesetzt werden, was den
Nutzerkreis noch erweitern würde.
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