Das Innenleben des Großen Roten Flecks
von Stefan Deiters astronews.com
17. März 2010
Mithilfe des Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO und anderer leistungsstarker Instrumente auf der Erde ist es
Astronomen gelungen, wärmere und kühlere Bereiche im Inneren des Großen Roten
Flecks auf Jupiter genauer zu untersuchen. Aus den Daten erstellten sie die
erste detaillierte Karte dieses größten Sturms im Sonnensystem.

Wärmebild des Großen Roten Flecks und seiner
Umgebung (oben) im Vergleich zu einer Aufnahme
der selben Region mit dem Weltraumteleskop Hubble
aus dem Mai 2008. Zu sehen sind der Große Rote
Fleck und die beiden kleineren Sturmsysteme Oval
BA und Kleiner Roter Fleck.
Bild: ESO / NASA / JPL / ESA / L.
Fletcher
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"Dies ist der erste detaillierte Blick ins Innere des größten
Sturms im Sonnensystem", fasst Glenn Orton vom Jet Propulsion Laboratory
der NASA die Ergebnisse der Untersuchung zusammen, die von ihm geleitet wurde.
"Wir dachten früher einmal der Große Rote Fleck sei ein langweiliger ovaler
Sturm ohne große Strukturen, doch diese neuen Ergebnisse zeigen, dass er in
Wirklichkeit äußerst kompliziert ist." Das Team berichtet über die Resultate in
einem Fachartikel in der Zeitschrift Icarus.
Die Beobachtungen machen deutlich, dass die rötlichsten Bereiche mit dem
warmen Zentrum des ansonsten kühlen Sturmsystems korrespondieren. Zu erkennen
sind zudem dunkle Bereiche am Rand, in denen Gase in tiefere Regionen absinken.
Aus den Daten können die Forscher auf die Bewegungen in diesem wohl bekanntesten
Sturm im Sonnensystem schließen. Der Große Rote Fleck wird schon seit mehreren
Jahrhunderten beobachtet und besteht in seiner jetzigen Form vermutlich seit
mindestens dem 19. Jahrhundert. Er ist mit -160 Grad Celsius verhältnismäßig
kalt und ist so groß, dass die Erde drei Mal in ihn hineinpassen würde.
Die Wärmebilder des Großen Roten Flecks wurden überwiegend mit dem Instrument
VISIR (VLT Imager and Spectrometer for mid Infrared) gemacht, das am
Very Large Telescope der ESO in Chile angebracht ist. Ergänzende Daten
kamen vom Gemini South-Teleskope in Chile und dem japanischen
Subaru-Teleskop auf Hawaii. Die Bilder liefern eine bislang unerreichte
Auflösung und können so die Daten der NASA-Sonde Galileo aus den späten
1990er Jahren ideal ergänzen. Kombiniert mit Beobachtungen der tiefen
Wolkenstrukturen der 3-Meter NASA Infrared Telescope Facility auf
Hawaii erreichen die Wärmedaten nun erstmals eine Qualität, die mit Aufnahmen
des Weltraumteleskops Hubble im sichtbaren Bereich des Lichtes
vergleichbar sind.
Mit VISIR gelang es den Astronomen die Temperatur, die Aerosole und Ammoniak
in und um den Sturm zu kartieren. Daraus konnten sie dann Rückschlüsse auf die
zeitlichen und räumlichen Änderungen des Wetters und der Zirkulation im Inneren
des Sturms ziehen. Dabei wurde deutlich, wie unglaublich stabil das Sturmsystem
ist - trotz zahlreicher Turbulenzen und vorüberziehender anderer Sturmsysteme.
"Eine der faszinierendsten Entdeckungen ist, dass der intensiv orange-rote
Bereich im Zentrum des Flecks rund drei bis vier Grad wärmer ist als die
Umgebung", erklärt Leigh Fletcher von der University of Oxford und
Hauptautor des Fachartikels. Diese auf den ersten Blick geringen
Temperaturunterschiede sorgen aber doch dafür, dass aus der generellen
Zirkulation entgegen dem Uhrzeigersinn im Inneren eine schwache Drehung im
Uhrzeigersinn wird. Es ist bekannt, dass Temperaturunterschiede dieser
Größenordnung an anderen Stellen in der Atmosphäre des Gasriesen für Änderungen
der Windrichtung oder der Wolkenstrukturen sorgen können.
"Zum ersten Mal ist hier eine direkte Verbindung zwischen den
Umweltbedingungen - wie Temperatur, Wind, Druck und atmosphärische
Zusammensetzung - und den Farben des Großen Roten Flecks zu erkennen", so
Fletcher. "Was genau für die tiefe rote Farbe des Flecks verantwortlich ist,
darüber können wir weiterhin nur spekulieren. Wir wissen aber nun, dass sie mit
Änderungen der Umweltbedingungen ganz im Zentrum des Sturms zu tun hat."
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