Spuren einer Asteroidenkollision
von Stefan Deiters astronews.com
3. Februar 2010
Das Weltraumteleskop Hubble hat eine X-förmige Trümmerwolke
mit einem Schweif aus Staub beobachtet, bei der es sich vermutlich um die Reste
einer Frontalkollision von zwei Asteroiden handelt. Dass es im Asteroidengürtel
zu solchen Ereignissen kommt, hatten Astronomen vermutet, doch beobachtet worden
waren sie bislang nicht. Das mysteriöse Objekt hatte man zunächst für einen
Kometen gehalten.

Hubbles Blick auf das kometenähnliche Objekt
P/2010 A2.
Bild: NASA, ESA und D. Jewitt (UCLA)
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Das Objekt mit der Bezeichnung P/2010 A2 war am 6. Januar 2010 vom
Lincoln Near-Earth Asteroid Research-Projekt entdeckt worden, einer
systematischen Durchmusterung des Himmels auf der Suche nach erdnahen und somit
potentiell gefährlichen Brocken im All. Wegen des auffälligen Schweifs hielt man
das Objekt zunächst für einen Kometen. Am 25. und 29. Januar visierte dann das
Weltraumteleskop Hubble den neuen "Kometen" an und entdeckte eine komplexe
X-förmige Struktur in der Nähe des Kerns.
"Dies sieht deutlich anders aus, als die Staubhülle eines normalen Kometen",
urteilt David Jewitt von der University of California in Los Angeles. "Die
Filamente bestehen aus Staub und kleinen Gesteinsbrocken und wurden wohl erst
kürzlich aus dem Kern geschleudert. Einige wurden dann vom Strahlungsdruck der
Sonne mitgerissen, was für den graden Staubschweif sorgte. In den Filamenten
finden sich aber noch weitere punktförmige und sich mitbewegende Staubquellen,
vermutlich winzige Brocken, die man nicht erkennen
kann."
Auf dem Hubble-Bild ist auch zu erkennen, dass der Hauptkern von P/2010 A2
außerhalb seiner eigenen Staubhülle liegt. Dies wurde bislang noch nie bei einem
Kometen beobachtet. Der Kern sollte einen Durchmesser von etwa 140 Metern haben.
Kometen, die ins innere Sonnensystem geraten, stammen in der Regel aus dem
Kuiper-Gürtel oder der Oortschen Wolke. Wenn sie sich der Sonne nähern, verdampft
Material von ihrer eisigen Oberfläche, was zur Ausbildung von eindrucksvollen
Schweifstrukturen führen kann. P/2010 A2 scheint allerdings einen anderen
Ursprungsort zu haben und aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter zu
stammen. Die dortigen Objekte verfügen aber über kein flüchtiges Material
mehr, das verdampfen könnte.
Damit dürfte der beobachtete Schweif also nicht auf das Verdampfen von Eis
zurückzuführen sein, sondern auf die Kollision zwischen zwei Objekten in dieser
Region. "Wenn diese Interpretation stimmt, sind zwei bislang unbekannte
Asteroiden vor nicht langer Zeit kollidiert und haben dabei diesen Schauer aus
Trümmerteilen erzeugt. Diese werden nun vom Ort der Kollision durch den Druck
des Sonnenlichtes weggerissen und bilden dadurch einen Schweif", so Jewitt.
Der sichtbare Kern von P/2010 A2 wäre das Stück, das die Kollision, die mit
hoher Geschwindigkeit abgelaufen sein muss, überstanden hat. "Die Filamentstruktur von P/2010 A2 sieht anders aus als bei allen
Hubble-Bildern von
Kometen. Das spricht dafür, dass hier andere Prozesse wirksam waren", glaubt Jewitt. Diese Erklärung würde auch mit Beobachtungen von der Erde
übereinstimmen, bei denen keinerlei Gase im Spektrum des Objektes gefunden
wurden.
Im Asteroidengürtel finden sich zahlreiche Hinweise auf Kollisionen in der
Vergangenheit. Die Bahn von P/2010 A2 beispielsweise stimmt mit denen der Flora-Asteroidenfamilie
überein, die ihren Ursprung vermutlich in einer gewaltigen Kollision vor 100
Millionen Jahren hat. Eine Asteroidenkollision oder ihre unmittelbaren Folgen
konnte man aber bislang nicht direkt beobachten. Zur Zeit der Hubble-Beobachtungen
fand sich P/2010 A2 etwa 290 Millionen Kilometer von der Sonne und 145 Millionen
Kilometer von der Erde entfernt. Die Bilder wurden mit der Wide Field Camera 3
an Bord von Hubble gemacht.
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