Schwache Gravitationslinsen zeigen Stärke
von
Rainer Kayser
20. Januar 2010
Schwache Gravitationslinsen könnten sich in Zukunft zu einem
starken Werkzeug der Kosmologen entwickeln: Wissenschaftlern ist es nun
gelungen, mit ihrer Hilfe nicht nur die Masse von nahen Galaxienhaufen und
-gruppen zu bestimmen, sondern auch die von deutlich entfernteren Strukturen. Die
Astronomen erhoffen sich davon neue Erkenntnisse über die geheimnisvolle Dunkle
Materie.
Im
Galaxienhaufen Abell 2218 sind eindrucksvolle
Gravitationslinsen zu erkennen. Der schwache
Gravitationslinseneffekt ist hingegen deutlich
weniger ausgeprägt.
Bild: NASA, ESA, und Johan
Richard (Caltech, USA) |
Weit entfernte Gruppen und Haufen von Galaxien zeigen den gleichen Zusammenhang zwischen der Stärke ihrer Röntgenstrahlung und ihrer Gesamtmasse wie ähnliche Strukturen in unserer näheren kosmischen Nachbarschaft. Das zeigt
eine Untersuchung der Lichtablenkung durch die Schwerkraft der Galaxienanhäufungen durch ein internationales Forscherteam. Diese
"schwachen Gravitationslinsen" werden damit zu einem wichtigen Werkzeug für die
Vermessung des Kosmos, schreiben die Astronomen im Fachblatt Astrophysical Journal.
Bislang waren solche Messungen auf nahe Galaxienhaufen beschränkt. "Wir konnten sie nun ausdehnen auf kleinere Strukturen in einer früheren Zeit des Kosmos", erklärt Alexie Leauthaud vom
Lawrence Berkeley National Laboratory, eine der beteiligten Wissenschaftlerinnen.
"Dadurch verbessert sich unser Verständnis vom Zusammenhang zwischen der
normalen Materie, die wir anhand der Röntgenstrahlung sehen, und der Dunklen
Materie, die wir durch die Lichtablenkung wahrnehmen."
Die Schwerkraft von Galaxiengruppen und -haufen verbiegt die Lichtstrahlen weiter entfernter Objekte auf ihrem Weg durch die Galaxienansammlung hindurch zur Erde. Dadurch wird auch das Aussehen ferner Galaxien verändert, sie werden deformiert. Da die Form der Galaxien selbst höchst unterschiedlich ist, lässt sich diese Deformation durch die schwache Gravitationslinsenwirkung nur durch die statistische Auswertung einer großen Zahl von Hintergrundobjekten bestimmen.
Genau das haben Leauthaud und ihre Kollegen bei 206 Galaxienhaufen und -gruppen getan. Für diese Ansammlungen lagen jeweils detaillierte Röntgenbeobachtungen vor, die den Forschern eine Bestimmung des Massenzentrums ermöglichten. Denn die Röntgenstrahlung stammt von heißem Gas zwischen den Galaxien und zeigt eine deutliche Konzentration zum Massenzentrum der Galaxienansammlung. Aus der Vermessung der statistischen Deformation der Hintergrund-Galaxien konnten die Astronomen dann die Verteilung der Gesamtmasse und damit auch der Dunklen Materie ableiten.
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