Nur periodische Aktivität auf Enceladus?
von Stefan Deiters astronews.com
13. Januar 2010
Die von der Sonde Cassini entdeckte Aktivität des
Saturnmonds Enceladus stellt vielleicht nur eine kurze Periode einer sonst
relativ ruhig verlaufenden Entwicklung des Trabanten dar. Zu diesem Ergebnis
kommen Wissenschaftler, die versucht haben, die eigentümliche Aktivität des Mondes zu erklären. Sie machen dafür aufsteigendes warmes Eis
verantwortlich.

Cassini-Aufnahme von Enceladus,
die während eines Vorüberflugs im Oktober 2008
entstand. Ein Teil der Tigerstreifen-Region ist
rechts unten neben dem Terminator zu sehen.
Bild: NASA / JPL / Space Science
Institute [Großansicht] |
"Cassini scheint den Mond während eines Rülpsers erwischt zu
haben", fasst Francis Nimmo, Planetenwissenschaftler an der University of
California in Santa Cruz, die Ergebnisse einer Analyse zusammen, die jetzt in der Zeitschrift
Nature Geoscience erschienen ist.
"Diese turbulenten Perioden sind sehr selten und Cassini hatte das Glück, den
Mond während einer dieser besonderen Phasen zu beobachten."
Die Südpolarregion von Enceladus fasziniert die Wissenschaftler seit dort eigentümliche
Risse, die sogenannten Tigerstreifen, entdeckt wurden, aus denen Wasserdampf und
andere Partikel ins All geblasen werden. Der am 10. Januar veröffentlichte
Artikel wirft einen Blick auf einige bislang ungeklärte Aspekte in der
Geschichte dieser Region.
"Das Modell der episodenhaften Aktivität würde helfen, eines der größten
Rätsel des Saturnmondes zu lösen", so Bob Pappalardo,
Cassini-Projektwissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory der NASA über die
Untersuchung seiner Kollegen. "Warum ist die Oberfläche am Südpol des Mondes so
jung? Wie konnte so viel Wärme am Südpol des Mondes entweichen? Das Modell fügt
einige Puzzleteile zusammen."
Vor vier Jahren entdeckte Cassini, dass in der Südpolarregion von Enceladus
eine enorme Menge von Wärme ins All abgestrahlt wird - sogar deutlich mehr als
in
einer vergleichbar großen Region auf der Erde. Außerdem stellte man fest, dass
hier auch Argon frei wird, ein Gas, das beim radioaktiven Zerfall von
Gestein entsteht. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist es aber
unmöglich, dass Enceladus diese Menge an Wärme und Gas kontinuierlich produziert
haben kann. Auch Gezeitenkräfte des Saturn können diese Energiemengen nicht
erklären.
Hinzu kommt die große Vielfalt an Geländeformen auf dem Mond: In der
Nordpolarregion finden sich zahlreiche Krater, was auf ein Alter von bis zu 4,2
Milliarden Jahren hindeutet, in der Nähe des Äquators finden sich hingegen Bereiche, die
zwischen 170 Millionen und 3,7 Milliarden Jahre alt sind. Das Alter der
Oberfläche am Südpol schließlich wird auf weniger als 100 Millionen Jahre,
vielleicht sogar nur auf 500.000 Jahre geschätzt.
Nimmo und Craig O'Neill von der Macquarie University im australischen Sydney
haben nun ein Modell von O'Neill zur Konvektion im Erdinneren so angepasst, dass
es auf Enceladus angewandt werden kann. Das Modell ergab, dass Wärme, die sich
im Inneren von Enceladus bildet, in periodisch auftretenden Blasen aus
"wärmerem", leichterem Eis an die Oberfläche gelangen kann - ganz ähnlich wie
die Wachstropfen in einer Lavalampe. Auf diese Weise würde dann kälteres
schwereres Eis in tiefere Regionen gelangen. Das "wärmere" Eis hätte
Temperaturen von gerade unter dem Gefrierpunkt, während an der Oberfläche von Enceladus Temperaturen von bis zu minus 190 Grad Celsius herrschen können.
Das Modell kann die Aktivität von Enceladus gut beschreiben, wenn die aktiven
Perioden rund 10 Millionen Jahre dauern und das Oberflächeneis über Zeiträume
von 100 Millionen bis zwei Milliarden Jahre ungestört bleibt. Insgesamt sollte Enceladus nur während ein bis zehn Prozent seines Alters aktiv gewesen sein.
Während dieser Zeit wurden dann zwischen zehn und 40 Prozent der Oberfläche erneuert.
Die aktive Südpolarregion macht etwa zehn Prozent der Oberfläche aus.
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