Blick auf Sacra Fossae
Redaktion /
Pressemitteilung des DLR astronews.com
6. November 2009
Kasei Valles ist eines der größten Ausflusstäler auf dem
Mars. Neue, jetzt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
veröffentlichte Bilder der hochauflösenden Stereokamera HRSC an Bord der
ESA-Sonde Mars Express zeigen faszinierende Details eines Teilbereichs
dieses dreitausend Kilometer langen Tals, die Störungszone Sacra Fossae.
Diese Farbansicht eines Gebiets im nördlichen
Teil des Talsystems Kasei Valles wurde aus dem
senkrecht blickenden Nadirkanal und den
Farbkanälen der High Resolution Stereo Camera
(HRSC) erstellt. Es zeigt das zerklüftete Gebiet
Sacra Fossae am Rand der Hochlandebene Lunae
Planum.
Bild: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum)
[Gesamtansicht] |
Kasei Valles ist eines der größten Ausflusstäler auf dem Mars. Es hat seinen Ursprung im südlichen Hochland und erstreckt sich über dreitausend Kilometer vom Echus Chasma bis zum Becken Chryse Planitia in der nördlichen Tiefebene des
roten Planeten. Vor vielen Millionen Jahren strömte Wasser durch die Kasei-Täler. Sacra Fossae ist eine mehr als tausend Kilometer lange und einige hundert Meter tiefe so genannte Störungszone, die eine Grenze zwischen dem Kasei-Talsystem im Süden und Osten sowie der Hochebene Lunae Planum bildet. Durch Spannungen in der Marskruste wurde die Oberfläche tektonisch beansprucht, was zu dem "chaotisch" anmutenden Muster an sich kreuzenden Gräben abzulesen ist.
Die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene hochauflösende Stereokamera HRSC (High Resolution Stereo Camera) auf der ESA-Raumsonde
Mars Express nahm im Orbit 6241 einen Teil von Kasei Valles und Sacra Fossae
mit einer Auflösung von circa 21 Metern pro Bildpunkt auf. Die vom DLR
veröffentlichten Aufnahmen zeigen hiervon einen Ausschnitt bei 12 Grad nördlicher Breite und 285 Grad östlicher Länge.
Das Gebiet wurde nach einer Insel, der Isola Sacra ("Heilige Insel"), an der Mündung des Tiber in Italien benannt. Die abgebildete Region ist 225 Kilometer mal 95 Kilometer groß und bedeckt eine Fläche von etwas mehr als 21.000 Quadratkilometern. Das entspricht etwa der Größe von Hessen. Im Norden des Gebiets (rechts im Bild) ist ein alter, etwa 35 Kilometer großer Einschlagkrater zu erkennen. Sein südwestlicher Kraterrand ist stark erodiert, an manchen Stellen ist er sogar vollständig abgetragen worden.
Diese Erosion ist unter anderem auf das Wirken von Wasser zurückzuführen.
Das Ursprungsgebiet der Wassermassen, die für diese Erosion gesorgt haben, befindet sich in dem etwa 850 Kilometer südlich gelegenen Echus Chasma (weit außerhalb der
jetzt veröffentlichten Bilder). Der Kraterboden und das westlich davon liegende Gebiet wurden später von Sedimenten und sehr dünnflüssigen, basaltischen Lavaströmen überdeckt, die ihren Ursprung in vulkanischen Zonen der im Westen gelegenen Region Tharsis haben. Sie sind wesentlich jünger als das zerfurchte Hochland in der Umgebung, worauf auch die glatte, kaum von Kratern bedeckte Oberfläche hinweist.
Am unteren Bildrand ist deutlich der Übergang vom Hochland zu den einige hundert Meter tiefer liegenden, stark zerklüfteten Gebieten zu erkennen. Entlang des Übergangs zeigen sich parallel zur Übergangszone verlaufende Bruchzonen. Es ist wahrscheinlich, dass große Teile des Gebiets neben tektonischer Beanspruchung auch durch einen Prozess entfernt werden, bei dem im Untergrund Material vorwiegend durch fließendes Wasser gelöst und dann abtransportiert wird. Diesen Prozess bezeichnet man als Subrosion. Die überlagernden Schichten stürzen in die durch den Abfluss des Wassers entstandenen Hohlräume teilweise ein und bilden diese auch als
"Chaotische Gebiete" bezeichneten Regionen.
Auch im Westen der Region fallen viele, teilweise rechtwinklig zueinander orientierte Bruchzonen auf (oben,
in der Mitte der Gesamtansicht). Bei diesen Strukturen handelt es sich höchstwahrscheinlich ebenfalls um Bruchzonen, die durch das Einstürzen von Oberflächenschichten infolge von Subrosionsprozessen entstanden sind. Die eingesunkenen, noch intakt gebliebenen Flächen sind hier bis zu zehn Kilometer groß. Ähnliche Prozesse, die zur Bildung von
"Chaotischen Gebiete" führen, sind an vielen anderen Stellen auf dem Mars zu
finden.
Die Aufnahmen der HRSC entstanden am 11. November 2008 aus einer
Beobachtungshöhe von etwa 425 Kilometern über der Marsoberfläche.
Das Kameraexperiment HRSC auf der ESA-Mission Mars Express wird vom Principal Investigator Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45 Co-Investigatoren
aus 32 Institutionen und zehn Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung von Neukum entwickelt und in
Kooperation mit industriellen Partnern gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die
jetzt veröffentlichten Bilder wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.
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