Einblick in die Struktur der Raumzeit
von
Rainer Kayser
29. Oktober 2009
Seit rund einem Jahr liefert das
Gammastrahlen-Weltraumteleskop Fermi nun schon detaillierte Daten aus
dem hochenergetischen Universum. Durch Beobachtung eines 7,3 Milliarden
Lichtjahre entfernten Gammastrahlenausbruchs gelang es den Wissenschaftlern
jetzt eine wichtige Aussage von Einsteins Relativitätstheorie zu überprüfen. Das
Resultat dürfte manchen alternativen Modellen zu schaffen machen.

Wettlauf ohne
Sieger: Photonen eines Gamma-ray Bursts mit
verschiedener Energie kamen nahezu gleichzeitig
auf der Erde an.
Bild: NASA /
Sonoma State University / Aurore Simonnet |
Die Strahlungsteilchen haben eine gewaltige Reise hinter sich: 7,3 Milliarden Lichtjahre mussten sie von ihrem Ursprung, einem explodierenden Stern, bis zu den Detektoren des Satelliten-Observatoriums
Fermi zurücklegen. Und doch treffen die Photonen - unabhängig von ihrer Wellenlänge - in der gleichen Sekunde ein. Das zeigen Messungen, die ein internationales Forscherteam in der Online-Ausgabe des Fachblatts
Nature präsentiert. Die Beobachtungen bestätigen einmal mehr die Relativitätstheorie Einsteins - und werfen zugleich Probleme für Theorien auf, die eine quantenphysikalische Beschreibung der Gravitation versuchen.
"Die Physiker würden gern Einsteins Beschreibung der Schwerkraft - die Relativitätstheorie - durch eine umfassendere Theorie ersetzen, die alle fundamentalen Kräfte umfasst", erklärt Peter Michelson, Chef-Wissenschaftler eines der
Fermi-Teleskope. Eine solche Theorie müsste Relativität und
Quantenphysik vereinen. Viele Ansätze für eine solche Quanten-Gravitation sagen
voraus, dass der Raum auf kleinsten Skalen - der so genannten Planck-Länge von
10-35 Metern - eine schaumige oder körnige Struktur aufweist.
Diese Körnigkeit des Raumes könnte einen Einfluss auf die Ausbreitung elektrischer Strahlung haben: Je kleiner die Wellenlänge - also je höher die Energie - desto stärker würde die Strahlung die Struktur des Raumes spüren und dadurch langsamer werden. Auf der Erde lässt sich ein solcher Effekt mit heutigen Mitteln nicht nachweisen, da er extrem klein ist.
Doch über kosmische Entfernungen hinweg können selbst kleine Unterschiede in der Ausbreitungsgeschwindigkeit zu messbaren Differenzen beim Eintreffen der Strahlung auf der Erde führen.
Michelson und seine Kollegen haben nach solchen Unterschieden in einem Gammastrahlungsausbruch gesucht, den Fermi am 10. Mai dieses Jahres registrierte. Doch die Photonen mit der höchsten Energie trafen gerade einmal neun Zehntel einer Sekunde später als die Photonen mit niedriger Energie ein. Damit kann die Lichtgeschwindigkeit zwischen diesen Energien höchsten um den 100 millionsten millionsten Teil voneinander abweichen. Dieses Ergebnis spricht nach Ansicht der Forscher dafür, dass die Lichtgeschwindigkeit auch im Bereich der Planck-Länge unabhängig von der Wellenlänge ist.
"Damit müssen wir alle neuen Theorien der Gravitation verwerfen, die eine starke Energieabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vorhersagen", so Michelson.
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