Supernovae erklären mysteriöse Strahlung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum und der TU Dortmund astronews.com
6. August 2009
Seit einiger Zeit rätseln Forscher über eine mysteriöse
Komponente der kosmischen Partikelstrahlung, deren Ursprung sie bislang nicht
erklären konnten. So vermuteten einige Wissenschaftler gar, dass Dunkle Materie
für ihre Entstehung verantwortlich sein könnte. Doch es geht offenbar einfacher:
Astrophysiker konnten die Strahlung nun durch Supernova-Explosionen massereicher
Sterne erklären.
Der Krebsnebel mit dem Krebs-Pulsar ist der
gasförmige und kompakte Überrest einer
Supernova-Explosion aus dem Jahr 1054 nach
Christus. Foto: NASA, ESA, J. Hester und A. Loll (Arizona
State University) [mehr
über dieses Bild] |
Mehrere astronomische Experimente haben in jüngster Zeit eine
mysteriöse Komponenten der kosmischen Teilchenstrahlung gemessen. Der Ursprung
dieser Elektronen und Positronen stellte Forscher bislang vor eine Rätsel.
Sollte wirklich, wie einige Physiker spekulieren, dunkle Materie die Ursache für
diese Strahlung sein?
Ein internationales Astrophysikerteam um die Bochumer Juniorprofessorin Dr.
Julia Becker und den Dortmunder Physiker Prof. Dr. Dr. Wolfgang Rhode haben
jetzt eine einfache Erklärung gefunden: Massereiche Sterne, die mindestens die
15-fache Masse der Sonne haben, senden bei ihrem Tod in einer finalen Explosion
die Elementarteilchen aus. Der auf Basis dieser Theorie berechnete Fluss an
Elektronen und Positronen stimmt mit dem in den astronomischen Experimenten
beobachteten und bislang rätselhaften Signal überein. Wie sie die Beobachtungen
mit ihrer Theorie der schweren Sternexplosionen erklären, erläutert die
sechsköpfige Gruppe in der aktuellen Ausgabe des Fachblattes Physical Review
Letters.
Bei mehreren astronomischen Experimenten wurde kürzlich eine mysteriöse
Komponente von Elektronen und Positronen aus dem Universum beobachtet. Die
Quellen dieser Elementarteilchen kann von den Experimenten selbst nicht
identifiziert werden: Kosmische Magnetfelder lenken sie von ihren Bahnen ab und
verwischen ihre Spur. Seit der Veröffentlichung der Messungen wurden viele
Versuche unternommen, den Ursprung dieser Teilchenstrahlung zu erklären. Unter
anderem wurde die These aufgestellt, ein solches Signal sei einzig durch die so
genannte dunkle Materie erklärbar - eine Materieart, deren Ursprung bisher noch
völlig unbekannt ist.
"Aber die Natur hat vielleicht eine viel einfachere Erklärung für die
beobachteten Teilchen", sagt Becker, die mit einem Forscherteam aus Instituten
aus Deutschland, den USA und Schweden zusammenarbeitet. Das Team erklärt die
Teilchenstrahlung mit Explosionen von massereichen Sternen, die mehr als das
15-fache der Masse unserer Sonne besitzen.
Ein sterbender Stern mit hoher Masse schleudert die meiste Materie in Form
von Plasma in einer finalen Explosion von sich. Die Folge ist, dass das
ausgestoßene Plasma unausweichlich auf die den Stern umgebende Materie zuläuft -
den sogenannten Sternenwind. Dieser bildet sich um die massiven Sterne, da sie
schon in einem früheren Stadium einen Teil ihrer Hülle abstoßen, bevor sie in
der letzten Explosion vergehen.
"Bei der Kollision der schnellen Materie aus der finalen Explosion mit dem
Plasma früherer Ausstoßungen entstehen dann sogenannten Stoßwellenfronten,
ähnlich wie man sie etwa auch bei Überschallflugzeugen beobachten kann", erklärt
der Dortmunder Astrophysiker Wolfgang Rhode: "Fliegt ein Flugzeug schneller als
der Schall, wird die das Flugzeug umgebende Luft mit einer Geschwindigkeit nach
außen gedrängt, die die Schallgeschwindigkeit überschreitet. Es kommt zum
Überschallknall, der sich in Form einer Stoßwellenfront ausbreitet."
Als Stoßwellenfront bezeichnet man die sprunghafte Änderung der Dichte des
Mediums an sich - dort, wo das Flugzeug die Materie wegschiebt, entsteht eine
hohe Dichte, während auf der anderen Seite der Stoßwelle die niedrige Dichte der
ungestörten Atmosphäre herrscht. Genau dasselbe geschieht, wenn ein Plasma mit
hoher Geschwindigkeit in ein langsameres Plasma gedrückt wird, wie es bei den
Explosionen der gigantischen Sternen der Fall ist.
Wie nun in den Stoßwellenfronten der Sternexplosionen Elektronen und
Positronen beschleunigt werden, erklären die Forscher in ihrem Artikel: Indem
sich das Plasma seinen Weg durch den Sternenwind bahnt, entstehen zwei
unterschiedliche Regionen, in welchen sich jeweils unterschiedliche Stoßwellen
bilden. Auf fast der gesamten Oberfläche sind die Magnetfelder des Sterns
senkrecht zu der Geschwindigkeit der Stoßwellenfront ausgerichtet. Hier entsteht
ein niederenergetisches Signal von Elektronen und Positronen.
Gleichzeitig ist das Magnetfeld an den Polen des ehemals rotierenden Sterns
parallel zur Geschwindigkeit der Stoßwelle ausgerichtet. Hierdurch wird
hochenergetische Elektronenstrahlung erzeugt. Beide Komponenten sind in dem
beobachteten Spektrum der Elektronen und Positronen sichtbar und die Messungen
können mit dem Modell des Forscherteams hervorragend erklärt werden. "Für die
dunkle Materie heißt das, dass sie Elektronen und Positronen nicht in gleichem
Maße produziert wie die Riesensterne und dass man sie daher an anderer Stelle
suchen muss", folgert Becker.
|