Jubiläum im All
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
15. Juni 2009
Jubiläum im All: Der deutsche Radarsatellit TerraSAR-X
wurde vor genau zwei Jahren gestartet und liefert seitdem bei Tag und Nacht
detailgenaue Bilder von der Oberfläche der Erde. Die Daten werden sowohl für
wissenschaftliche als auch für kommerzielle Zwecke genutzt und können
beispielsweise bei Naturkatastrophen wertvolle Informationen liefern.

Interferogramm der Gegend um den Eiffelturm in
Paris.
Bild:
DLR [Großansicht] |
Vor genau zwei Jahren, am 15. Juni 2007, startete der deutsche
Erdbeobachtungssatellit TerraSAR-X und hat seitdem eine beachtliche
Erfolgsbilanz vorzuweisen. Aufgrund der Radartechnologie kann er - im Gegensatz
zu optischen Systemen - auch bei Bewölkung und Dunkelheit Aufnahmen erzeugen und
ist somit rund um die Uhr im Einsatz. TerraSAR-X ist Deutschlands
erster Radarsatellit und zugleich der erste nationale Fernerkundungssatellit,
der in öffentlich-privater Partnerschaft (PPP - Public Private Partnership)
zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Astrium
GmbH aus Friedrichhafen realisiert wurde. Das DLR ist verantwortlich für die
Planung und Durchführung der Mission, für die Steuerung des Satelliten und des
Radarinstrumentes sowie für die wissenschaftliche Nutzung der TerraSAR-X-Daten.
Bereits kurz nach dem Start vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur konnte
vom DLR das erste Bildprodukt innerhalb von vier Tagen vorgelegt werden. Danach
wurde die Inbetriebnahme des Satelliten sowie des Radar-Instrumentes planmäßig
abgeschlossen, so dass TerraSAR-X Anfang 2008 den operationellen
Betrieb aufnehmen konnte. Seitdem zeichnet sich die Mission durch einen
reibungslosen Betriebs- und Produktionsablauf aus, insbesondere durch
einzigartige Aufnahmen, die wissenschaftlich und kommerziell verwertet werden.
Im Oktober 2009 soll (wie kürzlich berichtet) der fast baugleiche
Radarsatellit TanDEM-X starten. Die beiden deutschen Satelliten werden
dann in einer engen Formation mit Abständen zwischen einigen Kilometern und 200
Metern fliegen, wobei der neue Satellit TanDEM-X gleichsam um
TerraSAR-X tanzen wird. Damit wird die Produktion von einzigartigen und
bisher unerreichten dreidimensionalen Datenprodukten ermöglicht. Diese Daten
werden verwendet für ein globales, digitales Höhenmodell aller Landmassen der
Erdoberfläche, mit bislang unerreichter Genauigkeit.
Seit dem Start des Satelliten TerraSAR-X wurden vom
Missionskontrollzentrum des DLR etwa 35.000 Radaraufnahmen der Erdoberfläche
angefertigt und zu rund 50.000 hochwertigen Produkten für wissenschaftliche und
kommerzielle Nutzer verarbeitet. Die vorliegenden Ergebnisse demonstrieren die
hohe Qualität der Produkte des Satelliten TerraSAR-X, die in vielen
Bereichen die Anforderungen sogar noch übertreffen. Die gute
Geolokalisierungs-Genauigkeit von besser als einem halben Meter ermöglicht es,
zwei Aufnahmen einer Szene, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemacht wurden,
vollautomatisch pixelgenau zu überlagern.
TerraSAR-X-Radardaten können für eine Vielzahl von
wissenschaftlichen und kommerziellen Anwendungen genutzt werden. Der
Nutzungsschwerpunkt liegt dabei auf den Landanwendungen wie Land- und
Forstwirtschaft, Landnutzung/Vegetation, die Beobachtung städtischer Gebiete und
Kartografie. Auch die Eisforschung oder maritime Anwendungen profitieren von
diesen Daten.
TerraSAR-X-Daten wurden mehrfach nach Naturkatastrophen von
internationalen Behörden zur Unterstützung des Krisenmanagements vor Ort
eingesetzt. Dazu gehören die Kartierung von Überflutungsgebieten sowie die
Schadensabschätzung nach Erdbeben. Wochenlange Regenfälle führten zum Beispiel
Anfang November 2007 in den mexikanischen Bundesstaaten Tabasco und Chiapas zu
verheerenden Überschwemmungen, durch die rund eine Million Menschen obdachlos
wurden, darunter etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung Tabascos.
Etwa 80 Prozent des Bundesstaates Tabasco mit einer Gesamtfläche von rund
25.000 Quadratkilometern standen zeitweise unter Wasser. Das DLR-Zentrum für
Satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) unterstützte die mexikanische
Zivilschutzbehörde (CENAPRED) mit Satellitenbildkarten der Überschwemmungen.
TerraSAR-X ist in der Lage - unabhängig von Wolkenbedeckung und Tageszeit -
hochauflösende Aufnahmen mit bis zu einem Meter Auflösung zu liefern.
Wissenschaftler beobachteten mit Hilfe von TerraSAR-X den Verlust
einer riesigen Eisbrücke am antarktischen Wilkins-Schelfeis. Die ersten Eisberge
brachen dort am 20. April 2009 heraus. Die TerraSAR-X-Bilder zeigen die
"gekalbten" Eisberge. Die Abtrennung der Eisberge erfolgt an den
Schädigungszonen, die sich in den vergangenen 15 Jahren schrittweise gebildet
haben. Die hohe Auflösung der TerraSAR-X-Aufnahmen ermöglicht es, Verformungen
im Wilkins-Schelfeis auch im Bereich von circa 100 Metern und darunter zu
beobachten. Diese Informationen erlauben Glaziologen, die Deformation anhand von
Modellen genauer zu beschreiben.
Neu geformte Risse sind in der Anfangsphase sehr schmal und daher in
Aufnahmen mit geringer Auflösung, wie sie Satelliten der älteren Generation
liefern, nicht sichtbar. Um den zeitlichen Ablauf der Ereignisse zu
rekonstruieren, benötigt man hoch aufgelöste Bilder, wie sie TerraSAR-X
liefert.
Das DLR hat eine mehrmonatige Versuchsreihe zur Gewinnung von
Verkehrsinformationen via Satellit begonnen. Mit TerraSAR-X werden
ausgewählte Autobahnabschnitte in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie in
Kalifornien beobachtet. Ziel ist die Entwicklung eines Verfahrens zur
großflächigen Verkehrsdatenerfassung, die ohne Installationen am Boden auskommt
und eine schnelle Weitergabe der Daten an Verkehrsinformationsdienste erlaubt.
Gegenüber den bisherigen, meist stationären Messverfahren, können mit dem
Satelliten hochaktuelle Informationen auch von Straßen ohne Messpunkte,
wetterunabhängig und grenzüberschreitend gewonnen werden.
Die Anwendung ist nicht nur auf das Erkennen von Staus beschränkt. So kann
die mittlere Geschwindigkeit entlang von Autobahntrassen gemessen und daraus die
augenblickliche Reisezeit zwischen Verkehrsknotenpunkten ermittelt werden. Mit
Hilfe dieser Informationen, können Anbieter von Verkehrsdiensten den Autofahrern
bessere Routenvorschläge machen, dank der Radartechnologie auch bei Nebel,
starken Niederschlägen und Dunkelheit. Kfz-Kennzeichen können mit dieser
Technologie jedoch nicht erkannt werden.
Die beiden Zusatznutzlasten auf TerraSAR-X, das von der Firma TESAT
gebaute Laser Communication Terminal (LCT) und das vom
Geoforschungszentrum Potsdam bereitigestellte TOR-Experiment (Tracking,
Occultation and Ranging) funktionieren einwandfrei. Das LCT ist ein vom DLR
Raumfahrt-Management finanzierter Technologie-Demonstrator, der zur Verifikation
einer schnellen optischen Datenübertragung im Weltraum eingesetzt wird. Mit LCT
konnte erstmals ein reproduzierbarer Datenaustausch zwischen den zwei niedrig
fliegenden Satelliten TerraSAR-X und NFIRE mit einer
Übertragungsrate von 5,5 Gigabit pro Sekunde erreicht werden (astronews.com
berichtete).
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