Am Rand des Schwarzen Lochs
von Stefan Deiters astronews.com
28. Mai 2009
Mithilfe des europäischen Röntgenteleskops XMM-Newton
haben Astronomen jetzt die unmittelbare Umgebung eines supermassereichen
Schwarzen Lochs untersucht. Die Schwerkraftfalle im Zentrum der Galaxie
1H0707-495 verschlingt danach Material mit einer äußerst hohen Rate: In dem
Schwarzen Loch verschwindet in jeder Stunde das Äquivalent von zwei Erden.

Mit XMM-Newton
konnten Astronomen nun die unmittelbare Umgebung
eines supermassereichen Schwarzen Lochs
untersuchen.
Bild: ESA / C. Carreau
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Das supermassereiche Schwarze Loch befindet sich im Zentrum der
Galaxie 1H0707-495 und wurde vom europäischen Röntgenteleskop XMM-Newton
im Januar 2008 viele Stunden lang untersucht. Die Schwerkraftfalle galt bislang
als besonders gut durch Wolken aus Gas und Staub vor unseren Blicken geschützt,
doch die Beobachtungen im Röntgenbereich erlaubten einen einmaligen Blick in die
innersten Regionen dieser Galaxie. "Wir können uns nun ein Bild von der
unmittelbaren Umgebung des Schwarzen Lochs machen", so Andrew Fabian von der
University of Cambridge, der die Beobachtungen und Analysen leitete.
Die von XMM-Newton beobachteten Röntgenstrahlen entstehen, wenn
Material in das Schwarze Loch fällt und sich dabei aufheizt. Die
Röntgenstrahlung wird zudem von Material reflektiert, das kurz davor ist, vom
Schwarzen Loch verschluckt zu werden und in einer Scheibe um die
Schwerkraftfalle kreist.
Aus den Spektren des Lichtes erfahren die Astronomen einiges über die
Vorgänge in der Region, aus der diese Strahlung stammt. Dazu gehört etwa die
Geschwindigkeit bestimmter Atome oder die Energie, die die Röntgenstrahlung
benötigt, um dem Einflussbereich des Schwarzen Lochs noch zu entkommen. Auf
diese Weise können die Wissenschaftler auch folgern, dass sie tatsächlich
Material beobachten, das sich in unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs
befindet.
Besonders zwei Spektrallinien des Eisens im reflektierten Röntgenlicht hatten
es den Astronomen angetan: Diese beiden Linien wurden bislang noch nie im
Zentrum einer aktiven Galaxie beobachtet und treten nur bei einer großen
Häufigkeit von Eisen auf. Die Astronomen werten den Fund daher als Hinweis
dafür, dass der Anteil an Eisen im Zentrum der beobachteten Galaxie deutlich
höher sein muss als im Rest der Galaxie.
Interessant waren auch Helligkeitsschwankungen im Röntgenlicht. So konnten
die Wissenschaftler in einer langwierigen statistischen Analyse ermitteln, dass
es eine Verzögerung von 30 Sekunden zwischen den Schwankungen in der
Röntgenstrahlung gibt, die wir direkt beobachten und der, die zunächst von der
Scheibe um das Schwarze Loch reflektiert wird. Daraus ermittelten die Astronomen
die Größe der Region, die die Strahlung reflektiert und daraus wiederum die
Masse des Schwarzen Lochs: Sie wird auf die drei bis fünf Millionen-fache Masse
unserer Sonne geschätzt.
Außerdem ergaben die Beobachtungen, dass das Schwarze Loch sich äußerst
schnell um die eigenen Achse dreht und dabei mit einer hohen Rate Material
verschlingt - fast bis zum Maximum des theoretisch möglichen. Die Masse, die das
Schwarze Loch pro Stunde aufnimmt, errechneten die Astronomen auf die doppelte
Masse der Erde.
Das Team wird die Galaxie weiter untersuchen, denn gerade die Vorgänge rund
um die Aufnahme von Material, die sogenannte Akkretion, sind alles andere als
einfach zu verstehen: "Akkretion ist eine sehr komplizierte Sache", so Fabian,
"da die Magnetfelder dabei eine wichtige Rolle spielen." Die Forscher hoffen,
dass weitere Beobachtungen sie noch näher an den "Rand" des Schwarzen Lochs
bringen und mehr Details über diese unwirkliche Region verraten.
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