Hauptmission vor dem Ende
von Stefan Deiters astronews.com
7. Mai 2009
Im Laufe des Monats wird die primäre Mission des
Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer nach fünfeinhalb Jahren zu Ende
gehen. Um die Monatsmitte herum erwartet die NASA, dass der Vorrat an Helium
aufgebraucht sein wird, das zur Kühlung der Instrumente nötig ist. Doch
abgeschaltet wird das Teleskop nicht: Spitzer soll dann mit der warmen
Missionsphase beginnen.

Das
Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer.
Bild: NASA / JPL-Caltech |
Mit dem Ende der Kühlmittels beginnt für das
Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer eine neue Missionsphase: Mit einem
Instrument und zwei Kanälen wird das Teleskop auch ohne Kühlung weiter arbeiten
können, manche Untersuchungen wie gewohnt fortsetzen, aber auch ganz neue
wissenschaftliche Projekte beginnen. "Wir sehen das alles am liebsten als eine
Art Wiedergeburt von Spitzer", meint Robert Wilson, Spitzer-Projektmanager
am Jet Propulsion Laboratory der NASA. "Spitzer hat ein
phantastisches Leben hinter sich und mehr geleistet als wir je erwartet hatten.
Die primäre Mission geht jetzt zwar zu Ende, aber Spitzer wird weiter
wissenschaftliche Herausforderungen annehmen und neue bahnbrechende Ergebnisse
liefern."
Spitzer gehört - wie auch Chandra und Hubble - zu
den Great Observatories, den "großen Observatorien", der NASA, mit
denen die amerikanische Weltraumbehörde das Weltall in den verschiedenen
Wellenlängenbereichen beobachtet. Spitzers Aufgabe war es dabei, das
Infrarot-Universum zu untersuchen, also nach dunklen, staubigen und entfernten
Objekten zu fahnden.
Damit das Teleskop aber die Infrarotstrahlung, also im Prinzip
Wärmestrahlung, empfangen kann, darf es selbst keinerlei Wärme abgeben. Während
der vergangenen fünf Jahre wurde Spitzer deswegen mit flüssigem Helium
auf eine Temperatur von minus 271 Grad Celsius gekühlt - dies sind weniger als
drei Grad über dem absoluten Nullpunkt. Nach den ursprünglichen Planungen sollte
das Kühlmittel mindestens für zweieinhalb Jahre reichen, doch gelang es dem
Team, das Teleskop so zu betreiben, dass der Vorrat nun für rund fünfeinhalb
Jahre reichte.
Ohne Kühlmittel wird sich Spitzer erwärmen: Die neue Temperatur
dürfte nach NASA-Berechnungen bei etwa minus 242 Grad Celsius liegen. Was für
Erdstandards immer noch extrem kalt ist, wird doch dafür sorgen, dass zwei
Instrumente des Teleskops, das Longer Wavelength Multiband Imaging
Photometer und der Infrared Spectrograph, nicht mehr ausreichend
kalt sind, um kalte Objekte im Weltall zu entdecken. Die beiden kurzwelligsten
Detektoren der Infrared Array Camera aber werden weiterhin
funktionieren und können etwa Asteroiden in unserem Sonnensystem, von Staub
umgebene Sterne, Staubscheiben in denen sich Planeten bilden und entfernte
Galaxien beobachten.
"Wir werden aufregende und auch wichtige Wissenschaft mit diesen beiden
Infrarotkanälen machen können", ist Michael Werner, Projektwissenschaftler für
Spitzer am Jet Propulsion Laboratory überzeugt. Werner hat
seit über 30 Jahren am Spitzer-Projekt mitgearbeitet. "Unser neues
Wissenschaftsprogramm nutzt die Stärken dieser beiden Kanäle aus. Wir
konzentrieren uns auf Aspekte im Universum, über die wir noch immer viel lernen
müssen."
Spitzer war am 25. August 2003 gestartet worden und hat mit seinen
Beobachtungen, über die wir hier bei astronews.com regelmäßig berichtet haben,
immer wieder die Astronomen begeistert. So beobachtete das Teleskop Kometen,
Sternentstehungsgebiete und weit entfernte Galaxien. Auch an der Untersuchung
von extrasolaren Planeten hat sich das Infrarotteleskop erfolgreich beteiligt
und etwa Daten über das "Wetter" auf einer fernen Welt geliefert. "Niemand hatte
daran gedacht, dass Spitzer je für die direkte Untersuchungen von
extrasolaren Planeten eingesetzt werden könnte", erinnert sich Werner. "Als wir
dann die ersten Beobachtungen machten, wusste keiner, ob das funktionieren
würde. Wir waren begeistert, als es tatsächlich klappte."
Über 1.500 wissenschaftliche Fachartikel, die auf Spitzer-Daten
beruhen, sind bislang erschienen. Und vermutlich dürften noch zahlreiche Artikel
hinzukommen. Zu den neuen Aufgaben, die sich das Team gestellt hat, gehört unter
anderem die Untersuchung von weit entfernten Galaxien und die Abschätzung eines
Kollisionsrisikos von Asteroiden mit der Erde durch Vermessung der Größe von
Asteroiden. Auch an der Untersuchung der Atmosphären von extrasolaren
Gasplaneten soll sich Spitzer weiter beteiligen.
Eine Reparaturmission wie zu Hubble ist übrigens im Falle von
Spitzer nicht möglich: Das Teleskop umkreist nicht die Erde, sondern
befindet sich auf einer Bahn um die Sonne und verfolgt dabei in beträchtlichem
Abstand die Erde.
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