Zwerggalaxien mit Dunkelmaterie-Schutz
von Stefan Deiters astronews.com
12. März 2009
Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop
Hubble haben neue Beweise dafür geliefert, dass kleine Galaxien von einem
Halo aus Dunkelmaterie umgeben sind. Die Astronomen folgern dies aus der
Untersuchung von zahlreichen kleineren Galaxien im Perseus-Galaxienhaufen, denen
ihre turbulente Umgebung offenbar nichts anhaben konnte. Ein Dunkelmaterie-Halo
scheint wie ein Schutzkissen zu wirken.
Vier der von
Hubble beobachteten Zwerggalaxien im
Perseus-Galaxienhaufen.
Bild: NASA, ESA und C. Conselice
(University of Nottingham, UK) [Großansicht] |
Die neue Untersuchung basiert auf Beobachtungen des Zentrums des
Perseus-Galaxienhaufens mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble. Die
Astronomen entdeckten hier eine große Anzahl von kleineren Galaxien, die relativ
unbeeinflusst aussehen, während größere Galaxien deutliche Spuren von
Kollisionen und Wechselwirkungen mit den anderen Galaxien des Haufens zeigen.
Die Wissenschaftler interpretieren dies als Hinweis darauf, dass die kleinen
Galaxien von einem kugelförmigen Halo aus Dunkelmaterie umgeben sind, der die
Galaxien wie eine Art Schutzkissen vor der turbulenten Umgebung schützt.
"Wir waren sehr überrascht, so viele Zwerggalaxien im Zentrum dieses
Galaxienhaufens zu finden, die gleichmäßig und rund waren und keinerlei Spuren
von irgendwelchen Beeinflussungen zeigten", erläutert Christopher Conselice von
der englischen University of Nottingham, der die Hubble-Beobachtungen
leitete. "Diese Zwerggalaxien sind sehr alte Galaxien, die sich schon sehr lange
in dem Haufen befinden. Wenn sie also irgendetwas beeinflussen und stören
könnte, dann hätte das längst passieren müssen. Sie müssen also sehr, sehr viel
Dunkelmaterie enthalten."
Unter Dunkelmaterie verstehen die Astronomen eine bislang nicht entdeckte
Form der Materie, die einen Großteil der Masse des Universums ausmacht. Man kann
auf sie nur indirekt durch ihren Einfluss schließen, den sie auf normale,
sichtbare Materie hat. Diese wird nämlich durch die Anziehungskraft der
Dunkelmaterie beeinflusst. Man nimmt an, dass Dunkelmaterie eine entscheidende
Rolle bei der Entstehung von großräumigen Strukturen im Universum spielt und die
mysteriöse Materie beispielsweise als eine Art Kondensationskeim für die
Entstehung von Galaxien wirkt.
Die Astronomen vermuten, dass der Anteil an Dunkelmaterie in den beobachteten
Zwerggalaxien noch über dem Dunkelmaterie-Anteil von Spiralgalaxien liegt. "Mit
diesen Ergebnissen können wir nicht sagen, ob der Dunkelmaterie-Gehalt der
Zwerggalaxien höher ist als der in der Milchstraße", so Conselice. "Allerdings
deutet die Beobachtung, dass Spiralgalaxien in Galaxienhaufen zerstört werden
und Zwerggalaxien nicht, darauf hin, dass dies in der Tat der Fall ist."
Hubble hatte den 250 Millionen Lichtjahre entfernten
Perseus-Galaxienhaufen anvisiert, der zu den erdnächsten Galaxienhaufen gehört.
Das Weltraumteleskop entdeckte dabei 29 elliptische Zwerggalaxien, von denen 17
Neuentdeckungen waren. Auf den Dunkelmateriegehalt einer Galaxie schließen
Astronomen normalerweise durch Beobachtung der Bewegung von Sternen. Dies ist
für die Galaxien im Perseus-Haufen wegen der großen Entfernung nicht mehr
möglich. Conselice und sein Team ermittelten deshalb, über wie viel mehr Materie
als die sichtbare Materie die Zwerggalaxien mindestens verfügen müssen, um sie
vor dem zerstörerischen Einflüssen der größeren Galaxien in ihrer Umgebung zu
schützen.
Das Team hatte die Zwerggalaxien zunächst mit dem WIYN-Teleskop des Kitt
Peak National Observatory unter die Lupe genommen, konnte damit aber nicht
ausreichend Details erkennen. Erst das Auflösungsvermögen der Advanced
Camera for Surveys lieferte die gewünschten Details: "Diese erdgebundenen
Beobachtungen konnten die Galaxien nicht auflösen", so Conselice. "Wir brauchten
Hubble, um unserer Sache sicher zu sein."
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