Erst der Jupiter, dann der Saturn
von Stefan Deiters astronews.com
19. Februar 2009
Die europäische Weltraumagentur ESA und die amerikanische
Weltraumbehörde NASA wollen bei den kommenden Missionen zur Erforschung der
äußeren Planeten des Sonnensystems zusammenarbeiten. Bei einem Treffen in
Washington in der vergangenen Woche wurden die Prioritäten festgelegt: Zunächst
soll der Jupiter und seine vier größten Monde erkundet werden. Doch auch eine
Mission zum Saturn und seinen Monden Titan und Enceladus wird weiter verfolgt.
Zwei Sonden sollen im Rahmen der Europa Jupiter
System Mission ab 2026 den Gasriesen Jupiter und
seine vier großen Monde erkunden.
Bild: NASA / ESA |
Mit dieser Entscheidung sei, so die europäische
Weltraumagentur ESA in einer Pressemitteilung, der Rahmen für die zukünftige
Erforschung des Sonnensystems gesetzt. Die beiden jetzt ausgewählten
Flaggschiff-Missionen könnten vielleicht so entscheidende Fragen beantworten,
wie die nach der Entstehung des Sonnensystems und die Frage, ob es noch woanders
im Sonnensystem Leben gibt.
Die beiden Missionen, die Europa Jupiter System Mission und die
Titan Saturn System Mission, sind das Ergebnis der Verschmelzung von
Missionskonzepten zur Erkundung der Planeten des äußeren Sonnensystems, die
zuvor von NASA und ESA unabhängig voneinander entwickelt worden waren. Die NASA
hatte in den vergangenen Jahren vier verschiedene Missionskonzepte gründlicher
studiert, von denen schließlich eine Mission zur Erkundung von Jupiters Eismond
Europa und eine zum Besuch des Saturnmondes Titan übrig geblieben war.
Auch in Europa war man auf der Suche nach einer sogenannten
Flaggschiff-Mission, die im Rahmen des ESA-Programms Cosmic Vision im
Zeitraum von 2015 bis 2025 durchgeführt werden sollte. In die engere Wahl kamen
die Missionen Laplace und Tandem. Laplace sollte ins
Jupitersystem fliegen und eventuell auf Europa landen, Tandem war eine
Mission zur Erkundung der beiden Saturnmonde Titan und Enceladus.
Bei einem Treffen von NASA- und ESA-Fachleuten in der vergangenen Woche
wurden die Finalisten der beiden Weltraumagenturen gründlich analysiert. Dabei
kam heraus, dass die amerikanische Europa Jupiter Systems Mission, die
im Prinzip der europäischen Laplace-Mission entspricht, sich zunächst
am besten realisieren lässt. Die Solar System Working Group der ESA
verwies allerdings darauf, dass der wissenschaftliche Ertrag von den Missionen
ins Jupitersystem und ins Saturnsystem zusammen deutlich größer sein würde und
erklärte, mit Zustimmung der NASA, dass beide Missionen weiterentwickelt werden
sollen.
"Die Entscheidung ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten", meinte Ed
Weiler vom NASA-Hauptquartier in Washington. "Die Jupitermission wird zwar als
erste der beiden Missionen realisiert und gestartet, doch die Saturnmission
bleibt für die wissenschaftliche Gemeinschaft ganz oben auf der Agenda." Bevor
der offizielle Startschuss fällt sind bei ESA und NASA noch zahlreiche weitere
Studien und administrative Schritte nötig.
"Dieses gemeinsame Unternehmen ist eine wundervolle neue Herausforderung und
wird ein Meilenstein für die planetare Forschung im 21. Jahrhundert sein",
zeigte sich David Southwood überzeugt, der bei der ESA für solche
Wissenschaftsmissionen verantwortlich ist. "Und ich bin überzeugt davon, dass
die Zusammenarbeit über den Atlantik hinweg, die wir bisher hatten und die wir
in Zukunft haben werden, zwischen Amerika und Europa, NASA und ESA und zwischen
den Wissenschaftlern genau das Richtige ist. Lassen Sie uns also mit der Arbeit
beginnen."
Die Europa Jupiter System Mission wird aus zwei Sonden bestehen, die
den Gasriesen Jupiter sowie seine Monde Io, Europa, Ganymed und Kallisto
untersuchen sollen. Die NASA baut dabei eine Sonde, die den vorläufigen Namen Jupiter
Europa Orbiter bekommen hat, und die ESA die zweite, den Jupiter
Ganymede Orbiter. Beide Sonden sollen 2020 mit zwei unterschiedlichen
Raketen von verschiedenen Startplätzen abheben und werden das Jupitersystem im
Jahr 2026 erreichen. Sie sollen von dort mindestens drei Jahre Daten liefern.
Europa ist, mit seinem vermuteten Ozean unter der Eisdecke, schon lange ein
Wunschziel für Wissenschaftler, die sich für Orte im Sonnensystem interessieren,
die eventuell Nischen für primitives Leben bieten könnten. Ganymed ist der
größte Mond des Sonnensystems und der einzige bislang bekannte Mond mit einem
selbst erzeugten Magnetfeld. Auch hier wird eine Ozean aus Wasser unter der
Oberfläche vermutet. Io wiederrum ist das Objekt im Sonnensystem mit der größten
Vulkanaktivität und Kallisto gilt, wegen seiner äußerst verkraterten und damit
alten Oberfläche als ideales Ziel, um mehr über die Ereignisse im frühen
Sonnensystem zu erfahren.
Die Titan Saturn System Mission würde aus einem NASA Orbiter und
einem europäischen Lander und einem Forschungsballon bestehen. Die technischen
Herausforderungen für diese Mission sind allerdings enorm, so das auf beiden
Seiten des Atlantiks noch einiges an Entwicklungsarbeit geleistet werden muss.
Wann eine solche Saturnmission aber realisiert werden kann, steht derzeit noch
nicht fest. In Amerika bereitet man gerade eine Roadmap für planetare Missionen
vor, die nach 2013 beginnen. In Europa wird auf die nächsten Fördermöglichkeiten
im Rahmen des Cosmic Vision-Programms verwiesen, für das auch wieder
Vorschläge für eine Titan-Mission eingereicht werden sollen.
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