Beobachtungen am Schwarzen Loch
von Stefan Deiters astronews.com
20. November 2008
Im Zentrum unserer Milchstraße verbirgt sich ein gewaltiges
Schwarzes Loch. Im Vergleich zu anderen Schwerkraftfallen in den Zentren ferner
Galaxien ist dieses Schwarze Loch relativ unauffällig. Hin und wieder aber macht
es sich bemerkbar: Astronomen haben jetzt einen Helligkeitsausbruch aus der
Umgebung dieses Schwarzen Lochs gleichzeitig mit zwei verschiedenen Teleskopen
verfolgen können.
Künstlerische
Darstellung der vermuteten Vorgänge während eines
Flares vom Zentrum der Milchstraße. Zu erkennen
ist der Gasklumpen, der auf seiner Bahn um das
Schwarze Loch immer weiter auseinandergezogen
wird.
Bild: ESO / L. Calçada
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Ein Team aus amerikanischen und europäischen Astronomen hat mit
dem Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte ESO und
dem Atacama Pathfinder Experiment (APEX) die Region Sagittarius A*
beobachtet. Hier liegt das Zentrum unserer Milchtstraße und ein gewaltiges
Schwarzes Loch. Die Beobachtungen wurden im nahen Infraroten und im
Submillimeter-Bereich gemacht. Erstmals gelang es, einen sogenannten Flare, also
einen Helligkeitsausbruch, in dieser Region gleichzeitig mit zwei Teleskopen zu
verfolgen.
"Nur mit Beobachtungen in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen kann man
mehr über die Vorgänge in unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs erfahren",
erläutert Teamleiter Andreas Eckart von der Universität in Köln die Bedeutung
der Beobachtungen. Eckart ist auch Hauptautor eines Fachartikels, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen wird. Sagittarius A*
ist rund 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Das dort vermutete Schwarze
Loch dürfte eine Masse von etwa vier Millionen Sonnenmassen haben.
"Sagittarius A* ist einzigartig, weil es das für uns am nächsten gelegene
diese Monster-Schwarzen Löcher ist", erklärt Teammitglied Frederick K. Baganoff
vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). "Nur bei diesem Objekt
können wir mit unseren Teleskopen diese relativ schwachen Ausbrüche erkennen,
die von Material ausgehen, das gerade außerhalb des Ereignishorizonts um das
Schwarze Loch kreist."
So wünschensweit die simultane Beobachtung in verschiedenen
Wellenlängenbereichen und mit unterschiedlichen Teleskopen ist, so umfangreich
sind auch die dafür notwendigen Planungen. Nachdem die beiden Teams mehrere
Nächte gewartet hatten, wurde ihre Geduld schließlich belohnt: "Als wir das VLT
auf Sagittarius A* ausrichteten, bemerkten wir gleich, dass es aktiv war und von
Minute zu Minute heller wurde", erinnert sich Doktorand Gunther Witzel von der
Universität Köln. "Wir haben gleich zum Telefon gegriffen und unsere Kollegen am
APEX informiert."
Auf den Anruf wartete dort unter anderem Macarena Garcia-Marin. Die Kölnerin
hatte zusammen mit ihren Kollegen dafür gesorgt, dass das Submillimeter-Teleskop
sofort einsatzbereit. "Wir waren sehr aufgeregt als der Anruf kam und haben uns
beeilt, damit wir keine wichtigen Daten verpassen. Wir haben die gerade
laufenden Beobachtungen beendet und hatten Sagittarius A* rechtzeitig anvisiert,
um die Flares beobachten zu können."
Während der folgenden sechs Stunden konnten die Astronomen eine deutlich
schwankende Emission im Infraroten beobachten und insgesamt vier große
Helligkeitsausbrüche von Sagittarius A*. Auch im Submillimeter-Bereich waren
Flares zu sehen, allerdings traten diese rund eineinhalb Stunden nach den
Ausbrüchen im Infraroten auf. Eine Erklärung für diese Verzögerungen könnte die
Expansion des Gases sein, das für die Flares verantwortlich ist. Bei einer
Ausdehnungsgeschwindigkeit von rund fünf Millionen Kilometern pro Stunde könnte
sich die Charakteristik der Emissionen mit der Zeit verändern.
Obwohl sich fünf Millionen Kilometer pro Stunde sehr schnell anhören,
entspricht diese Geschwindigkeit gerade einmal 0,5 Prozent der
Lichtgeschwindigkeit. Damit das Gas aus der Nähe des Schwarzen Lochs entkommt,
müsste es etwa Hundert Mal schneller sein. Die Astronomen vermuten, dass es sich
deswegen nicht um ein Jet handeln kann, der ins All hinausschießt, sondern eher
um einen Klumpen aus Gas, der das Schwarze Loch umrundet und auf seiner Bahn
auseinandergezogen wird und deswegen expandiert.
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