Das Geheimnis der südlichen Polkappe
von Stefan Deiters astronews.com
22. September 2008
Die südliche Polkappe des Roten Planeten stellt Marsforscher
schon seit längerem vor ein Rätsel: Im Winter legt sich das Kohlendioxid-Eis
symmetrisch über den Südpol. Die im Sommer zurückbleibenden Reste allerdings,
sind deutlich vom Mars-Südpol versetzt. Dank neuer Daten von Mars Express
konnte man jetzt die Ursache dafür ermitteln: Schuld sind das Marswetter und ein
riesiger Einschlagkrater.

Die südliche
Polkappe des Mars zum Ende des Sommers.
Bild: ESA/ F. Altieri (IFSI-INAF) und das
OMEGA-Team |
Genau wie auf der Erde sind die Polkappen des Mars gefroren. Nur
statt um Wassereis handelt es sich auf dem roten Planeten um eine Mischung aus
Kohlendioxid-Eis und Wassereis. Während des Sommers auf der Südhalbkugel
verschwindet ein großer Teil des Eises, es sublimiert, geht also direkt vom
festen in den gasförmigen Zustand über. Zurück bleibt eine kleine Rest-Polkappe,
die nie verschwindet, die aber kurioserweise nicht genau auf dem Mars-Südpol
liegt, sondern um drei bis vier Grad versetzt ist. Im Winter ist die südliche
Polkappe hingegen symmetrisch.
Mit Hilfe der europäischen Sonde Mars Express haben Marco Giuranna
vom Istituto di Fisica dello Spazio Interplanetario CNR (IFSI) und
seine Kollegen die Temperaturen von der Oberfläche bis in eine Höhe von 50
Kilometer über dem Mars-Südpol untersucht, um so hinter die Ursache für die
"verschobene" Polkappe im Sommer zu kommen.
Über ein halbes Marsjahr lang verfolgten die Forscher die atmosphärischen
Veränderungen in der Region und beobachteten, wie sich das Eis mit beginnendem
Winter auf der Südhalbkugel langsam wieder am Südpol bildete. "Das ist gar nicht
so einfach, wie man vielleicht glaubt. Wir haben herausgefunden, dass dabei zwei
regionale Wettersysteme eine wichtige Rolle spielen", erläutert Giuranna.
Diese Wettersysteme entstehen durch starke Ostwinde, die typisch für die
Atmosphäre des Mars in mittleren Breitengraden sind. Diese wehen in das
Hellas-Becken, mit einem Durchmesser von rund 2.300 Kilometern und einer Tiefe
von sieben Kilometern der größte Einschlagkrater auf dem Mars. Die hohen Wände
des Kraters und die dort entstehenden Turbulenzen beeinflussen auch die Winde in
größerer Höhe und leiten diese direkt in Richtung Mars-Südpol. Auf diese Weise
entsteht auf der Westseite des Südpolols ein starkes Tiefdruck- und auf der
Ostseite ein Hochdrucksystem.
Im Tiefdruckgebiet liegen nun die Temperaturen oft unterhalb des
Kondensationspunktes von Kohlendioxid, so dass es schneien und sich eine
gefrorene Schneedecke auf dem Boden bilden kann. In der Region des
Hochdruckgebiets erlauben die Bedingungen keinen Schnee, hier bildet sich nur
Bodenfrost. Somit entsteht die südliche Polkappe auf zwei ganz unterschiedliche
Arten - was entscheidend zur Lösung des Rätsels ist: Die Regionen, die mit
Schnee bedeckt sind, verschwinden im Sommer nicht, da sie mehr Sonnenlicht ins
All reflektieren als Bodenfrost. Die Frostpartikel haben eine deutlich unebenere
Oberfläche als Schnee, wodurch sie quasi mehr Sonnenlicht "einfangen" können und
so leichter sublimieren.
Dies bedeutet, dass ein Teil der Polkappe am Südpol aus Schnee und Forst
besteht, einen größeren Kohlendioxidanteil hat und im Sommer sehr viel langsamer
schmilzt, der andere Teil besteht aus Frost und verschwindet im Sommer komplett.
So kommt es zum unsymmetrischen Aussehen der Polkappe im Sommer. "Dies war eine
Kuriosität des Mars für viele Jahre", so Giuranna, der froh ist, das Rätsel nun
mit Hilfe von Mars Express gelöst zu haben.
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