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DUNKLE MATERIE
Scheibe aus Dunkelmaterie in der Milchstraße?
Redaktion / Pressemitteilung der Universität Zürich
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19. September 2008

Wissenschaftler der Universität Zürich glauben, dass es in unserer Milchstraße eine Scheibe aus dunkler Materie geben könnten. Bislang war man immer davon ausgegangen, dass sich die Dunkelmaterie in einem kugelförmigen Halo befindet, der unsere Galaxie umgibt. Trifft die Vorhersage der Schweizer zu, könnte es vielleicht bald gelingen, dunkle Materie nachzuweisen und deren Beschaffenheit zu klären.

Dunkelmaterie

Die Scheibe aus dunkler Materie (rote Konturen) ist hier zusammen mit einem Bild des Two Micron All Sky Survey (2MASS) dargestellt. Bild: Universität Zürich / Justin Read & Oscar Agertz [Gesamtansicht]

Anders als die bekannte, "normale" Materie, aus der Gas und Sterne bestehen, ist die dunkle Materie unsichtbar. Ihre Anwesenheit kann nur durch ihren Gravitationseinfluss auf die Umgebung nachgewiesen werden. Physiker glauben, dass sie 22 Prozent der Materie im Universum ausmacht - verglichen mit 4 Prozent gewöhnlicher Materie und 74 Prozent der so genannten dunklen Energie. Bis heute weiß allerdings niemand, aus was diese Dunkelmaterie genau besteht.

Bisher waren Astronomen auch davon ausgegangen, dass sich die dunkle Materie in annähernd kugelförmige Klumpen, so genannten Halos befindet, von denen einer unsere Galaxie umgibt. Diese Standardtheorie basiert auf Computersimulationen, die nur den gravitativen Einfluss der dunklen Materie modellieren. Im Gegensatz dazu haben jetzt Dr. Justin Read, Prof. George Lake und Oscar Agertz von der Universität Zürich sowie Dr. Victor Debattista von der University of Central Lancashire bei ihrer Arbeit auch den Einfluss der Gravitationskraft der Sterne und des Gases der Milchstraße berücksichtigt.

Man nimmt an, dass Sterne und Gas schon frühzeitig eine Scheibe bilden, die dann die Entstehung kleinerer Halos aus dunkler Materie beeinflussen. Die Ergebnisse des Teams deuten darauf hin, dass die meisten Klumpen dunkler Materie in unserer Umgebung zum Halo um unsere Milchstraße verschmelzen. Die größten von ihnen werden allerdings bevorzugt von der galaktischen Scheibe angezogen und dort auseinander gerissen, wo sie eine Scheibe aus Dunkelmaterie in unserer Galaxie formen.

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"Die dunkle Scheibe hat ungefähr eine halb so große Dichte wie der dunkle Halo. Daher wurde sie bisher nicht entdeckt", erläutert Justin Read, der auch Hauptautor eines Fachartikels in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society ist. "Trotz ihrer geringen Dichte hat sie jedoch wegen ihrer eigenen Rotation einschneidende Auswirkungen auf die Detektion von dunkler Materie hier auf der Erde."

Erde und Sonne bewegen sich mit rund 220 Kilometern pro Sekunde auf einer fast kreisförmigen Umlaufbahn um das Zentrum unserer Galaxie. Da der dunkle Halo nicht rotiert, ist es für uns auf der Erde so, als ob wir einen Wind aus Dunkelmaterie spüren, der mit großer Geschwindigkeit auf uns zu kommt. Im Gegensatz dazu ist der Wind der dunklen Scheibe sehr viel geringer, da die Scheibe quasi mit der Erde zusammen rotiert. "Es ist als säße man in einem Wagen auf der Autobahn", vergleicht Debattista. "Es fühlt sich an, als ob alle anderen Autos stillstehen würden, weil sie sich mit der gleichen Geschwindigkeit bewegen."

Diese Fülle von langsamer, dunkler Materie-Teilchen könnte sich für die Forscher als wahrer Segen erweisen, da sie eine viel größere Resonanz bei Detektoren von dunkler Materie hervorruft. "Heutige Detektoren können diese langsamen Teilchen noch nicht vom Hintergrundrauschen unterscheiden", erklärt Prof. Laura Baudis von der Universität Zürich. Sie ist eine führende Forscherin des XENON-Detektorexperimentes im unterirdischen Labor Gran Sasso in Italien, mit dem dunkle Materie nachgewiesen werden soll. "Der XENON100-Detektor dagegen, den wir gerade in Betrieb nehmen, ist sehr viel empfindlicher. Er wird in der Lage sein, die meisten gängigen Teilchenkandidaten der dunklen Materie zu detektieren, wenn es sie gibt."

Stimmen also die Simulationen der Züricher Forscher könnte es den Wissenschaftlern bald gelingen, die ersten Dunkelmaterie-Partikel aus der postulierten dunklen Scheibe nachzuweisen.

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siehe auch
Milchstraße: Die Rätsel unserer Heimatgalaxie - 29. Mai 2007
Milchstraße: Millionen unentdeckte Sterne - 24. Februar 2006
Spitzer: Milchstraße hat einen Balken - 17. August 2005
Elemententstehung: Hinweise aus dem Halo der Milchstraße - 28. November 2000
Milchstraße: Falsches Verhältnis - 19. Februar 1999
Links im WWW
Universität Zürich
Preprint des Fachartikels bei astro-ph
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