Gewichtige Entdeckung in großer Entfernung
Redaktion /
Pressemitteilung des AIP astronews.com
25. August 2008
Mithilfe des Röntgensatelliten XMM-Newton und des Large Binocular Telescope (LBT) in Arizona hat eine Potsdamer Forschergruppe ein echtes Schwergewicht unter den Galaxienhaufen aufgespürt. Der Haufen mit dem Namen 2XMM J083026+524133 wurde in 7,7 Milliarden Jahren Entfernung beobachtet. Ihr Fund bestätigt
zudem kosmologische Modelle, bei denen eine so genannte "Dunkle Energie" die Entwicklung des Universums dominiert.

Blick mit dem Large Binocular Telescope auf die
Himmelsregion, in der sich der Galaxienhaufen
2XMM J083026+524133 befindet. Die von XMM-Newton
entdeckte Röntgenemission ist in blau
dargestellt.
Foto: ESA, XMM-Newton/EPIC, LBT/LBC, AIP
(J. Kohnert) [Großansicht] |
Seit dem Jahr 1999 umkreist der ESA-Satellit XMM-Newton die Erde und hat seitdem mehr als 5.000 einzelne Beobachtungen von speziell ausgewählten Himmelsregionen durchgeführt. Alle in den ersten sieben Jahren der Mission gefundenen Röntgenquellen sind heute im
"2XMM Katalog"
erfasst. Das sind mehr als 190.000 Objekte unterschiedlichster Natur.
Der Galaxienhaufen 2XMM J083026+524133 wurde durch eine systematische Auswertung des gesamten Katalogs entdeckt.
Galaxienhaufen sind die größten Strukturen im Universum, die durch ihre eigene Schwerkraft zusammengehalten werden. Sie bestehen aus einer Vielzahl einzelner Galaxien, wobei ihre Gesamtmasse 1015 Sonnenmassen erreichen kann. Man nimmt an, dass sich diese Strukturen aus kleinsten Materiedichteschwankungen im Laufe langer Zeiträume entwickelt haben.
Eines der wichtigen Forschungsthemen der modernen Astrophysik geht der Frage nach, wann und wie sich derlei große und massereiche Strukturen gebildet haben.
Georg Lamer und seine Potsdamer Kollegen durchsuchten den 2XMM Katalog gezielt nach diffus leuchtenden Röntgenquellen. Denn anders als für Beobachter die mit einem optischen Teldskop arbeiten verrät sich die massive Ansammlung von Galaxien im Röntgenlicht durch fast 100 Millionen Grad heißes Gas, das zwischen den einzelnen Mitgliedsgalaxien des Haufens verteilt ist.
Lamer verglich die Positionen am Himmel der so ausgewählten Kandidaten anschließend mit den besten zur Verfügung stehenden Himmelsdurchmusterungen im sichtbaren Licht. Überall dort, wo kein optisches Gegenstück zur Röntgenquelle vorhanden war, beantragte das Forscherteam neue Beobachtungen. Mit dem LBT, dem gerade erst in Betrieb gegangenen, größten optischen Teleskop der Welt, wurden schließlich auch die extrem schwachen Galaxien von 2XMM J083026+524133 sichtbar.
Wie viel mehr solcher riesiger und weit entfernter Galaxienhaufen verbergen sich im Katalog der XMM-Beobachtungen?
"Wir haben tatsächlich die Stecknadel im Heuhaufen gefunden," ist Lamers
überzeugt. "Da Galaxienhaufen kontinuierlich wachsen, waren Objekte dieser Leuchtkraft und Masse im frühen Universum wesentlich seltener als heute. Kosmologische Berechnungen machen es unwahrscheinlich, in den vorhandenen Röntgenbeobachtungen weitere solcher Haufen zu finden."
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