Das Geheimnis der S-Sterne
Redaktion /
Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
22. Juli 2008
In unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs der Milchstraße
spürten Astronomen vor einiger Zeit ein Gruppe junger Sterne auf, die
sogenannten S-Sterne. Seitdem rätseln die Forscher, woher die Objekte wohl
stammen. Entstanden sein können sie nämlich in dieser Region nicht.
Computersimulationen einer Gruppe Bonner Astronomen könnten nun helfen, diese
Frage zu klären.
Detaillierte Beobachtungen des
Milchstraßenzentrums zeigten Sterne in
unmittelbarer Nähe des Schwarzen Loches.
Bild: ESO |
Das Zentrum der Milchstraße ist ein Ort der Extreme: Dort befindet sich ein
Schwarzes Loch, um das auf engstem Raum mehr Sterne kreisen als irgendwo sonst
in der Galaxis. Der Schwerkraftfalle besonders nah ist eine Gruppe junger
Sterne, die so genannten S-Sterne. Ihre Herkunft war den Astronomen bislang
schleierhaft. Die enorme Anziehungskraft des Schwarzen Lochs lässt die
Entstehung von Sternen in so geringer Entfernung nämlich eigentlich nicht zu.
Die S-Sterne kreisen in einer Entfernung von gerade einmal einem zehntel
Lichtjahr um das Zentrum der Galaxis – ein Katzensprung für astronomische
Verhältnisse. Das Schwarze Loch hat eine über drei Millionen Mal größere Masse
als unsere Sonne. In seiner Umgebung befinden sich auch außergewöhnlich viele
junge, massereiche Sterne. Astronomen haben etwa zwanzig junge Sterne entdeckt,
die mit typischen Geschwindigkeiten von mehreren Millionen Kilometern pro Stunde
um das Schwarze Loch herum rasen.
Weiter entfernt vom Schwarzen Loch machten die Astronomen zwei Ringe aus jungen
Sternen aus, die wahrscheinlich aus Gaswolken entstanden sind, die ins Zentrum
der Milchstraße gefallen waren. Per Computersimulationen gelang es nun dem
Doktoranden Ulf Löckmann erstmals, eine Verbindung zwischen den Sternen in den
Ringen und den S-Sternen herzustellen und zu zeigen, wie Sterne aus den Ringen
in die Nähe des Schwarzen Lochs gelangen. Löckmann arbeitet zusammen mit seinem
Betreuer Dr. Holger Baumgardt in der Arbeitsgruppe von Prof. Pavel Kroupa. Die
Ergebnisse veröffentlichen die Astronomen jetzt in der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal Letters.
Die Interaktion der beiden Ringe spielt dabei eine entscheidende Rolle: Aufgrund
der Schwerkraft verbiegen sie sich gegenseitig. Dabei werden zahlreiche Sterne
auf Bahnen gebracht, auf denen sie dem Schwarzen Loch äußerst nahe kommen. Zwar
übersteht ein einzelner Stern solche nahen Begegnungen unbeschadet, aber viele
Sterne entstehen nicht einzeln sondern in Doppelsternen. Kommen diese dem
Schwarzen Loch sehr nahe, wird die Gezeitenkraft des Schwarzen Lochs größer als
die Schwerkraft, die den Doppelstern zusammenhält – so wird das Paar getrennt
und ein Stern mit bis zu zehn Millionen Stundenkilometern aus dem Zentrum der
Galaxis heraus geschossen. Er verlässt nach einigen zehn Millionen Jahren die
Milchstraße und erlischt irgendwann in der Einsamkeit des Kosmos.
Der andere Stern bleibt auf einer sehr engen Bahn um das Schwarze Loch zurück,
auf der er es in wenigen Jahren umrundet: Ein neuer S-Stern ist entstanden. Die
Berechnungen der Flugbahnen wurden auf einem Supercomputer des Argelander-Instituts
der Universität Bonn durchgeführt. Dabei kam ein Rechenprogramm für
supermassereiche Schwarze Löcher zum Einsatz, das die Astronomen völlig neu
entwickelt haben.
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