Neues Gammastrahlen-Teleskop im All
Redaktion /
Pressemitteilung des DLR astronews.com
13. Juni 2008
Start geglückt: Am Mittwochabend startete das neue
Gammastrahlen-Teleskop GLAST erfolgreich an Bord einer Delta II-Rakete
ins All. Der Missionsbeginn freute auch Astronomen in Deutschland. Hier wurde
nämlich eines der Instrumente des Teleskops entwickelt. Der GLAST Burst
Monitor soll die mysteriösen Gamma-Ray Bursts aufspüren. Die
wissenschaftlichen Beobachtungen mit GLAST werden in etwa drei Monaten beginnen.
GLAST ist am Mittwochabend erfolgreich
gestartet.
Foto: NASA |
Am Mittwochabend hat eine amerikanische Delta II-Rakete das
Gamma-Ray Large Area Space Telescope (GLAST) der US-Weltraumbehörde NASA
vom Startplatz Cape Canaveral in Florida aus in den Orbit gebracht. Der Start,
der in den vergangenen Wochen mehrfach wegen technischer Probleme an der
Trägerrakete verschoben werden musste, verlief reibungslos. Wenige Minuten nach
dem "Liftoff" wurde der Satellit in einer Höhe von 565 Kilometern auf seiner
Erdumlaufbahn ausgesetzt. Mit an Bord von GLAST ist unter anderem der so
genannte Burst Monitor, ein vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische
Physik mit Unterstützung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR)
entwickeltes Instrument.
Aufgabe von GLAST wird es sein, Gammastrahlen-Quellen im All zu detektieren und
damit neue Erkenntnisse über die energiereichsten Vorgänge im Universum zu
liefern. Nach Abschluss der Inbetriebnahme in etwa drei Monaten soll das auf
fünf bis zehn Jahre ausgelegte Beobachtungsprogramm beginnen.
GLAST ist das neue Flaggschiff in der Flotte von so genannten
Gammaastronomie-Satelliten, die seit den 1960er Jahren gestartet wurden. Als
erstes Satelliten-Observatorium wird es in der Lage sein, täglich den gesamten
Himmel – bis auf den Teil, der zum Betrachtungszeitpunkt von der Erde verdeckt
wird – zu beobachten. Die Instrumente auf dem Satelliten besitzen eine
Empfindlichkeit, die die der Vorläufermissionen um den Faktor 30 übertreffen.
Wegweisend ist der Messbereich der Instrumente. Vor GLAST gab es kein
Observatorium, mit dem gleichzeitig Messungen vom Röntgenbereich des
elektromagnetischen Spektrums bis in den Bereich der harten Gammastrahlung
möglich waren. Auf diese Weise haben Wissenschaftler gute Aussichten, auf
bislang völlig unbekannte Phänomene im Weltall zu stoßen. Gammastrahlung wird im
Weltall überall da freigesetzt, wo extreme physikalische Bedingungen herrschen.
Mit ihrer enormen Energie kann sie das All nahezu ungehindert durchdringen.
GLAST wird das Universum auf Gammaquellen untersuchen und Astronomen den Blick
auf dessen Anfangsphase erlauben. Als Kandidaten für die plötzliche Emission von
Gammastrahlung kommen vor allem die Endphasen der Sternentwicklung in Frage,
dies sind Neutronensterne und Schwarze Löcher. In den Kernen aktiver Galaxien
findet man die größten dieser gewaltigen Schwerkraftfallen.
Mit circa 3.000 Kilogramm nimmt das Hauptinstrument auf GLAST, das Large
Area Telescope (LAT), allein zwei Drittel der Satellitenmasse ein. Weil
Gammastrahlung nicht wie anderes Licht gebündelt werden kann, wendet man
Methoden an, die sich in der Elementarteilchenphysik bewährt haben: In schweren
Teilchendetektoren verursachen Gammastrahlen Spuren, aus denen man ihre Herkunft
herleiten kann. Das LAT hat ein Sichtfeld von einem Fünftel des gesamten
Himmels. Mit ihm wird ein Jahr lang der Himmel regelmäßig vollständig
durchmustert. Die Empfindlichkeit und der Messbereich reichen aus, die diffuse,
schwache Gamma-Hintergrundstrahlung zu messen, aber gleichzeitig auch starke
Gammaquellen zu identifizieren.
Im Unterschied zum Large Area Telescope ist der Glast Burst Monitor
(GBM) kleiner. Dieses zweite Experiment wiegt lediglich knapp 100 Kilogramm. Es
besteht aus insgesamt 14 Einzeldetektoren, die rund um den Satellitenbus
angebracht sind. Die Zielrichtung der Forscher ist eine völlig andere als beim
LAT. Die Richtungsgenauigkeit und Auflösung des GBM sind nicht so groß wie beim
Hauptinstrument. Wegen der sehr präzisen zeitlichen Auflösung kann der Glast
Burst Monitor jedoch plötzlich und kurzzeitig auftretende Phänomene, die
sogenannten Gamma Ray Bursts, nachweisen. Diese sind so stark, dass sie
für kurze Augenblicke den gesamten Gammahimmel überstrahlen können.
Die Ursache dieser Ausbrüche ist weitgehend ungeklärt. Sie gehören zu den
energiereichsten physikalischen Vorgängen die im Kosmos auftreten. Man geht
davon aus, dass pro Jahr etwa 150 bis 200 derartige Bursts stattfinden.
Beobachtet GBM einen solchen Gammastrahlenausbruch, wird dessen ungefähre
Position zur Erde gefunkt. Im Kontrollzentrum wird entschieden, ob das LAT zur
weiteren Untersuchung auf das nachglühende Objekt gerichtet wird. Außerdem wird
die Position an interessierte Wissenschaftler weltweit übermittelt, die den
Verlauf des Bursts und sein Abklingen in anderen Wellenlängenbereichen (Radio,
Infrarot, sichtbares Licht, Ultraviolett, Röntgen) untersuchen können.
Den GLAST Burst Monitor haben amerikanische und deutsche Wissenschaftler
gemeinsam geplant, entwickelt und gebaut. Das Marshall Space Flight Center
der NASA und die University of Alabama in Huntsville arbeiteten dafür
mit Wissenschaftlern der Gammaastronomie-Gruppe des Max-Planck-Instituts für
extraterrestrische Physik (MPE) in Garching bei München zusammen. Mit seiner
Erfahrung beim Bau von Gammadetektoren, zum Beispiel für das
Gammastrahlungsobservatorium Integral der Europäischen
Weltraumorganisation ESA, übernahm das Max-Planck-Institut auch beim GBM die
Aufgabe, die Detektoren und ihre Ausleseelektronik bereitzustellen. Gebaut
wurden die Detektoren im Auftrag des MPE von der Firma Jena-Optronik GmbH. Für
die Herstellung der Ausleseelektronik war EADS Astrium verantwortlich.
Finanziell unterstützt wurde der deutsche GLAST-Beitrag durch die
Raumfahrt-Agentur des DLR.
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