Mission der Sonnensonde endet am 1. Juli
Redaktion /
Pressemitteilung des DLR astronews.com
12. Juni 2008
17 Jahre lang lieferte die Sonnensonde Ulysses
wertvolle Daten über die Polregionen unseres Zentralgestirns sowie den Einfluss der Sonne
auf das Sonnensystem. Am 1. Juli nun endet die Mission von Ulysses.
Dies gaben heute NASA und ESA auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Paris
bekannt. Die Sonnensonde, die drei Mal den Nord- und Südpol der Sonne überflog,
ist im Weltall praktisch erfroren.
Die Sonde Ulysses überflog während ihrer
Missionszeit dreimal den Nord- und Südpol der
Sonne in einem Abstand von rund 300 Millionen
Kilometern und funkte eine Fülle einzigartiger
Messdaten zur Erde.
Bild: ESA |
Nach 17 Jahren erfolgreicher Mission müssen sich die Sonnen- und
Heliosphärenforscher von der Raumsonde Ulysses verabschieden. Die
Sonde, an dem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist,
hört am 1. Juli 2008 auf zu arbeiten. Dies gaben heute die europäische
Weltraumorganisation ESA und die amerikanische Weltraumbehörde NASA auf einer
gemeinsamen Pressekonferenz in Paris bekannt. Damit geht eine 17-jährige
eindrucksvolle Ära der Heliosphärenforschung mit großer deutscher
wissenschaftlicher Beteiligung zu Ende.
Ursache für das Ende der Mission war ein natürliches Absinken der Leistung des
Radioisotopengenerators und damit verbunden ein Engpass bei der
Energieversorgung an Bord. Um zu vermeiden, dass der Lageregelungstreibstoff
Hydrazin im Tank einfriert, schalteten die Forscher im Januar 2008 vorsorglich
die Energieversorgung des bordeigenen X-Band-Senders ab (astronews.com
berichtete). Denn der verfügbare Strom reichte nicht aus, um sowohl den Tank zu
heizen als auch den Sender zu betreiben.
Als die Wissenschaftler den Sender zur Datenübertragung wieder in Betrieb nehmen
wollten, blieb dieser unerwartet "stumm". Zugleich stellten sie fest, dass das
Hydrazin nicht erwärmt war, was auf einen irreversiblen Ausfall im Schaltsystem
zur Stromverteilung hinwies. Als weitere Folge sank die Temperatur des für
Lagemanöver mitgeführten Hydrazins schließlich auf unter zwei Grad Celsius ab,
was den Treibstoff im Tank und in den Leitungen gefrieren ließ. Ohne
funktionierende Lagereglungstriebwerke lässt sich die Sonde nun nicht mehr
hinreichend genau auf die Erde ausrichten und bleibt damit für irdische
Funkbefehle unerreichbar.
Ulysses hat während seiner Missionszeit einen nahezu vollständigen
magnetischen Sonnenfleckenzyklus beobachtet und dabei die räumliche Struktur der
inneren Heliosphäre nebst Sonnenmagnetfeld erschlossen. Die Sonde überflog dabei
je dreimal den Sonnennord- und -südpol in einem Abstand von rund 300 Millionen
Kilometern und funkte eine Fülle einzigartiger Messdaten zur Erde. Zusammen mit
der ESA-Weltraumsonde SOHO (Solar and Heliospehric Observatory) stellte
Ulysses auch die wissenschaftlichen Grundlagen für
Weltraumwettervorhersagen bereit. Sie ermöglichen rechtzeitige Warnungen vor
"Stürmen" im Erdmagnetfeld. Bei solchen Ereignissen können unter anderem
Satelliten und irdische Stromnetze ausfallen.
Weltweit arbeiteten rund 150 Wissenschaftler an der Ulysses-Mission,
über tausend Veröffentlichungen wurden publiziert. An der Mission waren von
deutscher Seite die Max-Planck-Institute für Sonnensystemforschung (MPS), für
Kernphysik (MPI-K) und für Extraterrestrische Physik (MPE), die Universitäten
Kiel, Bonn, Bochum und Köln sowie die Technische Universität Braunschweig und
das Astrophysikalische Institut Potsdam beteiligt. Insgesamt förderte die DLR
Raumfahrt-Agentur im Auftrag der Bundesregierung sechs der zehn Ulysses-Experimente,
davon drei mit jeweils einem deutschen Hauptwissenschaftler.
Die Ulysses-Mission gehörte zum ESA-Wissenschaftsprogramm, an dem
Deutschland mit 23 Prozent maßgeblich beteiligt ist. Ursprünglich war der Start
für 1986 geplant, musste aber wegen der Challenger-Katastrophe auf den
6. Oktober 1990 verschoben werden. Die Weltraumfähre Discovery setzte
Ulysses in einer niedrigen Erdumlaufbahn aus, von wo aus sie mit Hilfe
einer zusätzlichen Antriebsstufe auf eine Übergangsbahn zum Jupiter geschickt
wurde. Dabei erreichte die Sonde unter anderem eine Rekordgeschwindigkeit von
über 15,4 Kilometern pro Sekunde. Das ließ sie die Mondbahn bereits nach rund
acht Stunden passieren. Erst die Pluto-Sonde New Horizons konnte diesen
Wert im Januar 2006 knapp überbieten.
Bereits in den 1970-er Jahren hatten die beiden in Deutschland hergestellten
Raumsonden Helios 1 und 2 Neuland in der weltraumgestützten
Erforschung der Sonne betreten. Dabei hatten sich so viel neue Fragen ergeben,
dass ESA und NASA Mitte der siebziger Jahre eine zunächst als International
Solar Polar Mission (ISPM) bezeichnete Mission ins Leben riefen. Geplant
waren anfangs zwei baugleiche Sonden, eine der ESA und eine der NASA. Sie
sollten simultan über die Sonnenpole auf entgegengesetzten Bahnen fliegen, um
die Sonne, den Sonnenwind und den interplanetaren Raum insbesondere in hohen
heliographischen Breiten zu erforschen.
Aus finanziellen Gründen wurde unter Präsident Reagan 1981 der Bau der
amerikanischen Zwillingssonde eingestellt und die Mission auf eine Sonde, die
der ESA, reduziert. Sie wurde 1984 nach einem Vorschlag von Professor Bertotti
von der Universität Pavia auf den Namen Ulysses getauft, in Anlehnung
an Ulysses (altgriechisch "Odysseus") aus Dantes "Göttlicher Komödie", der die
unbewohnten Gebiete jenseits der Sonne bereiste.
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