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KUGELSTERNHAUFEN
Älteste Objekte noch in ihrer Jugendzeit?
von Stefan Deiters
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28. April 2008

Die Kugelsternhaufen der Milchstraße gehören mit einem geschätzten Alter von neun bis 13 Milliarden Jahren zu den ältesten Objekten im Universum. Trotzdem, so glaubt jetzt ein Astronom nach Beobachtungen mit dem NASA-Röntgenteleskop Chandra, könnten sie sich größtenteils noch in ihrer Jugendzeit befinden. Der Fund ist überraschend, würde aber helfen, einen Widerspruch zwischen Theorie und Beobachtung zu klären.

NGC 6397

Chandra-Aufnahmen von zwei Kugelsternhaufen: In NGC 6397 (oben) finden sich im Vergleich zu NGC 6121 (unten) deutlich mehr Röntgenquellen. NGC 6397 dürfte daher in einem mittleren Entwicklungsstadium sein, NGC 6121 steht wohl noch am Anfang seiner Entwicklung. Bilder: NASA / CXC / Northwestern Univ / J.Fregau

NGC 6121

Kugelsternhaufen sind große Ansammlungen von bis zu einer Million Sternen und gehören mit zu den ältesten Objekten im Universum. Das Alter der Kugelsternhaufen der Milchstraße schätzen Astronomen auf etwa neun bis 13 Milliarden Jahre, was sie zu wichtigen Studienobjekten auch für Wissenschaftler macht, die sich beispielweise für die ersten Sterne interessieren, die in der Galaxie entstanden sind. Die große Dichte der Sterne in den Zentren der Kugelsternhaufen sollte zudem dazu führen, dass es immer wieder zu dichten Begegnungen zwischen Sternen kommt - ein weiteres interessantes Forschungsgebiet.

"Seit vielen Jahren dienen Kugelsternhaufen den Wissenschaftlern als wunderbare natürliche Laboratorien, um die Entwicklung und die Wechselwirkungen von Sternen zu studieren", erläutert John Fregeau von der Northwestern University. "Es ist daher recht aufregend, etwas zu entdecken, das zum einen neu und zudem auch noch fundamental für ihre Entwicklung ist."

Bei der Entwicklung von Kugelsternhaufen kann man nach Ansicht der Astronomen drei Phasen unterscheiden: Nach der Entstehung des Haufens kollabieren die Sterne im Haufenzentrum zunächst. Entstehen durch die hohe Dichte im Zentrum dann ausreichend Doppelsterne, kann durch deren Energie der Haufenkollaps aufgehalten werden. Gehen diese Doppelsterne zu Neige, kollabiert der Haufen weiter.

Lange Zeit hatte man angenommen, dass sich die meisten Kugelsternhaufen in der mittleren Phase ihres Lebens befinden und einige wenige in ihrer letzten Phase. Diese Ansicht könnte nun durch neue Daten des NASA-Röntgenteleskops Chandra und auch durch theoretische Berechnungen in Frage gestellt werden.

In den dichten Zentren von Sternhaufen entstehen durch Wechselwirkungen von Einzel- und Doppelsternen auch Röntgen-Doppelsterne, also Doppelsterne, bei denen Material von einen zum anderen Stern überfließt, sich aufheizt und Röntgenstrahlung abgibt. Solche Doppelsterne sollten sich hauptsächlich in den Zentren der Kugelsternhaufen in ihrer mittleren Lebensphase bilden. Die Zahl dieser Röntgenquellen kann also auch als Hinweis auf das Evolutionsstadium des Haufens angesehen werden.

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Fregeau untersuchte mit Chandra 13 Kugelsternhaufen der Milchstraße. Drei von ihnen hatten eine ungewöhnlich hohe Zahl von Röntgen-Doppelsternen, was darauf hindeutet, dass sie sich in der mittleren Phase ihrer Entwicklung befinden. Zuvor waren diese Haufen als "alt" eingestuft worden. Grundlage dafür war die sehr hohe Konzentration an Sternen im Zentrum dieser Haufen. Die Schlussfolgerung von Fregeau ist, dass die meisten Haufen - genau wie die zehn anderen untersuchten Haufen - noch in der ersten, jugendlichen Phase ihrer Entwicklung sind.

"Es ist bemerkenswert, dass diese Objekte, die zu den ältesten Objekten im Universum zählen, vielleicht erst in ihrer Jugendzeit sind", so Fregeau, der seine Resultate unlängst in einem Artikel in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal veröffentlichte. "Das wäre eine wirklich bedeutende Veränderung in unserem Verständnis über den aktuellen Entwicklungsstand der Kugelsternhaufen."

Bestätigt sich Fregeaus Vermutung, könnten sich einige unlängst aufgetauchte Widersprüche zwischen Beobachtungen und theoretischen Modellen lösen lassen: Theoretiker hatten mit Computermodellen nämlich nachgewiesen, dass die erste Phase im Leben eines Kugelsternhaufens länger dauern kann als das Universum alt ist. Andere Theoretiker wiesen darauf hin, dass die am meisten entwickelten Kugelsternhaufen eigentlich eher wie Haufen in der mittleren Entwicklungsphase aussehen.

"Mit einigen exotischen Szenarien, darunter auch welchen von mir, hat man versucht die Beobachtungen zu erklären und gleichzeitig die alte Theorie zu retten", so Fregeau. Darunter waren auch Schwarze Löcher im Zentrum der Haufen. "Wenn unsere Ergebnisse sich erhärten, brauchen wir uns über diese exotischen Szenarien keine Gedanken mehr machen."

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siehe auch
Hubble: Kugelsternhaufen NGC 2808 überrascht Astronomen - 10. Mai 2007
Kugelsternhaufen: Ein Sternhaufen und zwei Sternenpopulationen - 16. März 2005
Spitzer: Der letzte unentdeckte Kugelsternhaufen? - 14. Oktober 2004
Kugelsternhaufen: Astronomen finden Gas in 47 Tucanae - 10. Oktober 2001
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