Zweiter Galileo-Testsatellit im All
Redaktion /
Pressemitteilung der ESA astronews.com
28. April 2008
Am Wochenende ist der zweite Galileo-Testsatellit
planmäßig von Baikonur in Kasachstan aus ins All gestartet. Giove-B
erreichte einige Stunden nach dem Start seine volle Einsatzfähigkeit. An Bord
des Satelliten befindet sich die genauste Atomuhr, die je in einen
Erdorbit gebracht wurde. Die ersten vier richtigen Galileo-Satelliten
sollen bis 2010 gestartet werden.
Start von
Giove-B am frühen Sonntagmorgen.
Bild: ESA / S. Corvaja |
In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde mit dem Start des zweiten
ESA-Satelliten zur orbitalen Validierung von Galileo (Giove) ein
weiterer Schritt in Richtung Verwirklichung von Europas
Satellitennavigationssystem vollbracht. Giove-B, der die präziseste
Atomuhr mitführt, die je in den Weltraum gestartet wurde, hob am Sonntag um
04.16 Uhr Ortszeit (00.16 Uhr MESZ) an Bord eines von Starsem betriebenen
Sojus/Fregat-Trägers vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan ab und wurde
zunächst in eine mittlere Erdumlaufbahn befördert. Anschließend kam die Fregat-Oberstufe
zum Einsatz: Nach einer Reihe von Manövern gelangte sie schließlich auf eine
kreisförmige Umlaufbahn in rund 23.200 Kilometern Höhe mit einer Neigung von 56
Grad zum Äquator, auf der sie rund 3 Stunden und 45 Minuten nach dem Start den
Satelliten sicher aussetzte.
Die beiden Solarzellenflügel, die Giove-B mit Strom versorgen,
entfalteten sich korrekt und erreichten ihre volle Einsatzfähigkeit um 05.28 Uhr
MESZ. Der 500 Kilogramm schwere Satellit wurde von einem europäischen
Industriekonsortium unter der Leitung der Astrium GmbH gebaut; für die
Integration und die Erprobung in Rom war Thales Alenia Space verantwortlich.
Zwei Jahre nach Beginn der überaus erfolgreichen Giove-A-Mission
wird dieser neue Satellit die Demonstration kritischer Technologien für die
Navigationsnutzlast der künftigen Galileo-Satelliten fortsetzen. Wie
sein Vorgänger führt auch Giove-B zwei kleine Rubidium-Atomuhren mit
einer Stabilität von 10 Nanosekunden pro Tag als Reserve mit. Noch genauer ist
allerdings sein passiver Wasserstoff-Maser (PHM), der es auf eine Stabilität von
unter 1 Nanosekunde pro Tag bringt. Mit Giove-B wurde erstmals eine
Atomuhr dieses Typs in den Weltraum gestartet; damit befindet sich nun die
bislang präziseste Weltraumuhr in der Umlaufbahn.
Jeder der zukünftigen Galileo-Satelliten wird zwei PHM als
Primäruhren und zwei Rubidium-Uhren als Reserve an Bord haben. Giove-B
führt ferner eine Nutzlast zur Strahlungsüberwachung, die die Weltraumumgebung
in der Höhe untersuchen soll, in der die Galileo-Konstellation zum
Einsatz kommen wird, und einen Laser-Retroreflektor für hochgenaue
Positionsbestimmungen mittels Laserstrahlen mit.
Die von Signalerzeugungseinheiten hervorgebrachten repräsentativen
Galileo-Signale werden auf drei verschiedenen Frequenzen über eine
phasengesteuerte Gruppenantenne im L-Band ausgestrahlt, die den gesamten unter
dem Satelliten sichtbaren Teil der Erde abdecken soll.
Giove-B ist nun unter der Kontrolle des Satellitenbetriebszentrums
von Telespazio in Fucino, Italien, und die Überprüfung des Satelliten im Orbit
hat begonnen. Neben seiner Technologiedemonstrationsmission wird Giove-B
auch die Aufgabe von GIOVE-A übernehmen, die Frequenzen für Galileo
zu sichern, da der im Dezember 2005 gestartete erste Galileo-Demonstrationssatellit
langsam das Ende seiner Einsatzdauer erreicht.
Der nächste Schritt nach Giove-B wird der Start von vier
operationellen Satelliten zur Validierung des Galileo-Weltraum- und des
zugehörigen Bodensegments spätestens 2010 sein. Sobald diese Phase der orbitalen
Validierung (IOV) abgeschlossen ist, werden die verbleibenden Satelliten
gestartet und auf ihre Einsatzbahn gebracht, um die volle Betriebsbereitschaft
(FOC) von 30 identischen Satelliten herzustellen.
"Mit dem Start von Giove-B stehen wir vor dem Abschluss der
Demonstrationsphase für Galileo", sagte ESA-Generaldirektor
Jean-Jacques Dordain in Fucino, als er den Teams der ESA und der Industrie
gratulierte. "Die enge Zusammenarbeit zwischen der ESA und der Europäischen
Kommission war ausschlaggebend für unsere Fortschritte in dem schwierigen Umfeld
der letzten Jahre. Trotz dieser Schwierigkeiten ist Galileo mit zwei
Satelliten in der Umlaufbahn." Auch beim Bau der nächsten Galileo-Satelliten
würde es, so der ESA-Verantwortliche, "erhebliche Fortschritte" geben.
Mit Galileo erhält Europa sein eigenes globales
Satellitennavigationssystem, dass unter ziviler Kontrolle steht und einen
hochgenauen, garantierten globalen Ortungsdienst anbieten wird. Es wird mit den
beiden anderen bestehenden weltweiten Satellitennavigationssystemen, dem
Global Positioning System (GPS) der USA und dem russischen System GLONASS,
verbundfähig sein. Galileo wird mit bis dato einzigartiger Integrität
in Echtzeit Ortungssignale mit einer Genauigkeit von einem Meter senden. Für
Galileo sind zahlreiche Anwendungen geplant, darunter die Ortung und
hieraus abgeleitete Mehrwertdienste für den Straßen-, Schienen-, Luft- und
Seetransport, die Fischerei und die Landwirtschaft, die Ölförderung, den
Zivilschutz, das Bauwesen, öffentliche Bauarbeiten und die Telekommunikation.
|