Massereiche Galaxien im jungen Universum
von Stefan Deiters astronews.com
18. Januar 2008
Die ersten massereichen Galaxien im Universum könnten durch
den Kollaps riesiger Gaswolken entstanden sein. Zu diesem Ergebnis kam nun eine
Gruppe von Wissenschaftlern auf Grundlage neuer Beobachtungen mit dem
Weltraumteleskop Hubble. Die These der Astronomen steht im Widerspruch
zur bisherigen Annahme, dass die massereichen Galaxien im jungen Universum durch
die Verschmelzung vieler kleinerer Galaxien entstanden sind.

Hubbles
Blick
auf eine Galaxie in neun Milliarden Lichtjahren
Entfernung. Die Scheibenstruktur ist deutlich zu
erkennen.
Bild: University of Hawaii / Institute of
Astronomy |
Die Standardtheorie der Astronomen über die Entstehung und
Entwicklung von Galaxien geht davon aus, dass die massereichsten Galaxien im
Universum sehr lange benötigen, um zu dem zu werden, was sie heute sind. Sie
entstehen durch die wiederholte Verschmelzung mit kleineren Galaxien und wachsen
so allmählich im Laufe von Milliarden Jahren zu den Riesengalaxien heran, die
wir heute im lokalen Universum beobachten.
Um diese Theorie zu überprüfen, fahndeten Elizabeth McGrath von der
University of California sowie Alan Stockton von der University of Hawaii und
ihre Mitarbeiter nach den ältesten und massereichsten Galaxien im Universum und
untersuchten diese auf Hinweise auf ihre Entstehungsgeschichte. Auf
detaillierten Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble entdeckten sie so Galaxien,
die über mehr Masse als unsere Milchstraße verfügten, zu einer Zeit, in der das
Universum nur ein Fünftel seines jetzigen Alters hatte. Bei diesen Galaxien
sollte es sich somit um die Vorgänger der massereichsten Galaxien in unserem heutigen
Universum handeln.
"Wir hatten erwartet, dass diese Galaxie in ihrer Form elliptischen Galaxien
ähneln, die wir heute im Zentrum von dichten Galaxienhaufen finden, wo
Verschmelzungen sehr häufig sind", erläutert McGrath. "Wir waren recht
überrascht als wir sahen, dass viele der Galaxien eher flach aussahen und
rotierende Scheiben hatten."
Die Astronomen glauben, dass solche Galaxien, in denen die Sterne auf
geordneten Bahnen in einer flachen Scheibe um das Zentrum kreisen, eher durch
den Kollaps einer einzelnen Gaswolke entstanden sind und nicht durch die
Kollision und Verschmelzung mit einer anderen Galaxie. Computersimulationen
deuten nämlich darauf hin, dass bei einer Kollision und anschließenden
Verschmelzung die Scheibenstruktur zerstört würde und die Sterne aus beiden
Galaxien auf mehr chaotische, dreidimensionale Bahnen gebracht würden, so dass
eine elliptische Galaxie entsteht, die eher einem Fußball gleicht.
Die massereichsten Galaxien im heutigen Universum sind alles elliptische
Galaxien und könnten somit sehr gut durch die wiederholte Verschmelzung von
kleineren Galaxien erklärt werden - würde es nicht die jetzt entdeckten,
massereichen Scheibengalaxien im jungen Universum geben. Insgesamt haben McGrath
und ihre Kollegen sieben Galaxien studiert, die vermutlich mit zu den ersten
massereichen Galaxien im Universum gehören. Vier von ihnen zeigten eine
eindeutige Scheibenstruktur, die schon seit über einer Milliarde Jahren Bestand
haben dürfte.
McGrath geht davon aus, dass auch diese frühen massereichen Scheibengalaxien
irgendwann mit anderen Galaxien kollidieren und verschmelzen werden und dadurch
eine Form bekommen werden, die uns für Galaxien dieses Massenbereichs vertrauter
ist: die einer elliptischen Galaxie.
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