Sternhaufen im Nirgendwo
von Stefan Deiters astronews.com
9. Januar 2008
Neue detaillierte Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble
haben nun enthüllt, um was es sich bei den geheimnisvollen bläulichen Punkten
handelt, die Astronomen zwischen den Galaxien M81 und M82 entdeckt haben. Jeder
dieser Punkte ist ein junger Sternhaufen, der vermutlich durch die Kollision der
Galaxien der Gruppe entstanden ist. Die Sterne in diesen Haufen sind oft nur
wenige Millionen Jahre alt.
Blick
auf auf Arp's Loop zwischen den Galaxien M82
(links oben) und M81.
Bild: NASA,
ESA und D. de Mello (Catholic University of
America/GSFC) [Großansicht] |
Zum ersten Mal, so berichteten jetzt Duilia de Mello von der
Catholic University of Amerika in Washington und vom NASA Goddard Space
Flight Center und ihre Kollegen auf einer Tagung, sei es gelungen,
eigentümliche "blaue Punkte" in einer recht verwaisten Region zwischen drei
kollidierenden Galaxien detailliert zu beobachten. Jeder dieser Punkte steht für
einen Sternhaufen, der die mehrere Zehntausend-fache Masse unserer Sonne hat.
Sie sind damit deutlich massereicher als die offenen Sternhaufen innerhalb von
Galaxien, haben aber erheblich weniger Masse als beispielsweise
Kugelsternhaufen.
Die jetzt beobachteten Sternhaufen liegen quasi im Niemandsland und sind
keiner Galaxie zuzuordnen. Aus diesem Grund dürfte das Material, das im Inneren
ihrer Sterne prozessiert und bei Supernova-Explosionen und von Sternenwinden ins
All geblasen wird, deutlich leichter in den intergalaktischen Raum entweichen
als das Material in galaktischen Sternhaufen. Dies könnte ein Hinweis darauf
sein, wie im jungen Universum das Weltall mit schweren Elementen angereichert
wurde.
Die "blauen Punkte" entdeckten die Astronomen entlang von Gasschwaden zwischen den Galaxien M81, M82 und NGC 3077. Diese drei Galaxien
befinden sich gerade in einer Kollision und liegen etwa zwölf Millionen
Lichtjahre von der Erde entfernt. Normalerweise erwarten die Wissenschaftler in
diesem nahezu leeren Raum zwischen Galaxien keine Sternhaufen: "Wir konnten es
nicht glauben, so de Mello, "die Sterne waren praktisch mitten im Nirgendwo."
Die Haufen befinden sich in einer Struktur entlang der Gasschwaden, die die
Astronomen als "Arp's Loop" bezeichnen. Das Gas an dieser Stelle ist eigentlich
zu dünn, um genügend Material für die Entstehung von Sternen bereitzustellen.
Doch die Hubble-Beobachtungen haben nun gezeigt, dass sich hier das
Äquivalent von rund fünf Orion-Nebeln befindet. Der Orion-Nebel ist das wohl
bekannteste Sternentstehungsgebiet in unserer Milchstraße.
Nachdem die Forscher die bläulichen Punkte in Sterne aufgelöst hatten,
machten sie sich daran, das Alter der Haufen und der Sterne zu bestimmen: Die
Haufen sind nicht älter als 200 Millionen Jahre und manche Sterne in ihnen sogar
nur zehn Millionen Jahre alt. Das Haufenalter ist nach Ansicht der Astronomen
kein Zufall: Die Kollision der Galaxien, die auch für die Gasschwaden
verantwortlich ist, fand auch vor schätzungsweise 200 Millionen Jahren statt.
De Mello und ihre Kollegen glauben, dass die Sternhaufen in Arp's Loop durch
Zusammenstöße von Gas und den nachfolgenden Turbulenzen entstanden sind. Dadurch
wurde die Dichte des Gases an einigen Stellen erhöht, so dass sich Sterne bilden
konnten. Kollisionen von Galaxien waren im jungen Universum deutlich häufiger,
so dass anzunehmen ist, dass es früher erheblich mehr "blaue Punkte" im
Nirgendwo gab, die ihre Umgebung mit schweren Elementen angereichert haben.
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