Die einsamen
Sterne von ESO 137-001
von Stefan Deiters astronews.com
21. September 2007
Astronomen haben Sterne entdeckt, die in einem langen
Gasschweif entstanden sind, den die Galaxie ESO 137-001 hinter sich herzieht.
Die dortigen Sonnen dürften zu den einsamsten Sternen gehören, die es
im All gibt. Die Entdeckung ist ein Hinweis darauf, dass es solche Sternenwaisen
häufiger geben könnte als bislang angenommen.
Die Galaxie ESO 137-001 im Galaxienhaufen Abell
3627. Für dieses Bild wurden Röntgendaten (blau)
und optische Beobachtungen (weiß) kombiniert.
Strahlung von Wasserstoffgas (H-alpha) ist
rötlich dargestellt.
Bild: NASA / CXC / MSU / M.Sun et al (Röntgen); SOAR (MSU / NOAO / UNC / CNPq-Brazil) / M.Sun et al. (H-alpha,
optisch) [Großansicht] |
Wie ein Komet seinen Schweif, zieht die Galaxie ESO 137-001 ein
über 200.000 Lichtjahre langes Band aus Gas hinter sich her. Den Schweif
beobachteten Astronomen nun mit Hilfe des Röntgenteleskops Chandra und im
Optischen mit dem Southern Astrophysical Research-Teleskop in Chile.
Der Schweif entsteht durch Gas, das die Galaxie verliert, während sie ins
Zentrum des gewaltigen Galaxienhaufens Abell 3627 fällt. Dabei fliegt sie durch
Millionen Grad heißes Gas, was sich in Galaxienhaufen zwischen den Galaxien
befindet und verliert dabei eigenes Gas. So könnte in ESO 137-001 irgendwann gar
kein Gas mehr vorhanden sein, wodurch sämtliche Sternentstehung in der Galaxie
zum Stillstand kommen würde.
"Das ist der längste Schweif dieser Art, den wir je beobachtet haben", meint
Ming Sun von der Michigan State University, der die Beobachtungen leitete. "Und
es sieht danach aus, dass hier nicht etwa etwas zerstört wird, sondern Neues
entsteht." Die Analyse der Forscher deutet nämlich darauf hin, dass in dem Gas
des Schweifs viele Millionen von Sternen entstanden sind. Da man zur
Sternentstehung erhebliche Mengen an Gas und Staub benötigt, waren Astronomen
bislang davon ausgegangen, dass sich außerhalb von Galaxien keine größeren
Mengen
von Sternen bilden können.
"Es ist nicht das erste Mal, dass man beobachtet hat, wie Sterne zwischen
Galaxien entstehen", ordnet Megan Donahue von der Michigan State University
den Fund ein. "Aber die Anzahl der Sterne, die hier entstanden ist, ist bislang
einzigartig." Dass es in dem Schweif hinter ESO 137-011 Sternentstehung gab,
folgerten die Wissenschaftler aus verschiedenen Indizien: Im sichtbaren Bereich
des Lichtes entdeckten sie 29 Regionen mit glühendem ionisiertem Wasserstoffgas,
das vermutlich auf neu entstandene Sterne zurückzuführen ist. Mit Chandra
spürten sie zwei Röntgenquellen in der Nähe dieser Regionen auf - ein weiterer
Hinweis auf Sternentstehungsaktivität. Die Sterne im Schweif, so die Forscher,
sind vermutlich nicht älter als zehn Millionen Jahre.
Die dort, in rund 220 Millionen Lichtjahren, entstandenen Sonnen dürften wohl
zu den einsamsten Sternen im Universum gehören. "Nach unserem galaktischen
Standard sind die Sonnen dort wirklich sehr alleine", meint auch Mark Voit, ein
anderes Teammitglied von der Michigan State University. "Würde sich auf einem
Planeten um einen dieser Sterne Leben entwickeln, könnte es nur einen sehr dunklen
Nachthimmel beobachten."
In unserem heutigen Universum sind Galaxien mit so ausgeprägten Schweifen, in
denen sich Sterne bilden könnten, äußerst selten. Es dürfte sich auch nur um eine
sehr kurze Phase in der Entwicklungsgeschichte einer Galaxie handeln. Im jungen Universum
aber, so die Wissenschaftler, als Galaxien deutlich mehr Gas enthielten, könnte
dieses Phänomen verbreiteter gewesen sein.
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