Flüssiges Wasser im Inneren?
von Stefan Deiters astronews.com
19. Juli 2007
Auf Charon, dem Mond des Zwergplaneten Pluto, scheint es
Geysire zu geben, die regelmäßig Wasser über die Oberfläche des Mondes sprühen
und hier größere Eisflächen entstehen lassen. Bestätigt sich die Entdeckung
amerikanischer Astronomen müsste es im Inneren des Mondes flüssiges Wasser
geben. Endgültige Gewissheit dürfte erst die Sonde New Horizons bringen,
die das System 2015 erreichen soll.

Auf dem
Plutomond Charon (im Vordergrund) könnte es
Cryovulkanismus geben. Im Hintergrund Pluto
(künstlerische Darstellung).
Bild:
Gemini Observatory / AURA |
Hinweise auf Eisablagerungen auf der Oberfläche des Plutomondes
Charon fanden sich in hochaufgelösten Spektren, die Astronomen am Gemini-Observatorium
aufgenommen haben. Danach gibt es in einigen Regionen Charons Wasserkristalle
und Ammoniumhydrate. Die Astronomen erklären sich den Befund durch Geysire, die
ein Wasser- und Ammoniakgemisch aus dem Inneren des Mondes auf die eisige
Oberfläche sprühen, wo die Flüssigkeit sofort gefriert und sich als Schnee
niederschlägt. Die Forscher vermuten, dass dadurch der Mond einen komplett neuen
Überzug erhalten könnte, der alle 100.000 Jahre um rund einen Millimeter wächst.
Die Entdeckung dürfte auch Auswirkungen auf die Erforschung von anderen Objekten
im Kuiper-Gürtel haben.
"Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie man Wasser in seiner
kristallinen Form auf der Oberfläche von Charon erklären könnte", erläutert
Jason Cook, der an der Arizona State University gerade seine
Doktorarbeit schreibt. "Unsere Spektren deuten aber alle auf Cryovulkanismus
hin, durch den flüssiges Wasser an die Oberfläche gelangt, wo es sofort zu
Eiskristallen gefriert. Das bedeutet aber auch, dass Charon in seinem Inneren
flüssiges Wasser besitzen muss."
Cook und seinen Kollegen haben eine Reihe von anderen Möglichkeiten
untersucht, die die Existenz des kristallinen Wasser auf der Oberfläche des
Plutomondes erklären könnten: Unter anderem schlossen sie aus, dass es sich um
Eis handelt, das schon seit Entstehung des Mondes hier vorhanden ist. Dieses
dürfte nämlich durch die ultraviolette Strahlung innerhalb einiger Zehntausend
Jahre sein kristallines Aussehen verlieren. Auch Meteoriten als Ursache oder
Konvektion von tiefer gelegenem Material an die Oberfläche konnten sie als
Erklärung ausschließen, so dass nur noch Cryovulkanismus übrigblieb.
"Charons besteht fast nur aus Wassereis", erläutert Cook. "Damit muss der
Mond riesige Mengen an Wasser auch unter der Oberfläche haben und das meiste davon
dürfte auch gefroren sein. Ganz im Inneren aber, könnte es flüssiges Wasser
geben." Da man aber nun an der Oberfläche frisches Eis entdeckt hat, muss dieses
flüssige Wasser im Inneren irgendwie an die Oberfläche gelangen. "Das Ammoniak
ist der Schlüssel: Dadurch bleibt einiges von dem Wasser flüssig. Ohne das
Ammoniak könnte das Wasser da nicht rauskommen."
Cryovulkanismus ist im Sonnensystem nicht ungewöhnlich: So vermutet man auch
auf dem Saturnmond Enceladus und dem Jupitermond Europa solche Geysire. Auch der
Uranusmond Ariel zeigt Anzeichen für Cryovulkanismus. Man vermutet bei diesen
Monden, dass die Nähe des Planeten oder von anderen Monden für Gezeitenkräfte
sorgt, was die Wassergeysire erklären könnte. Bei Objekten des Kuiper-Gürtels
wie Charon kommt dies als Erklärung nicht in Betracht, so dass die Forscher hier
Radioaktivität als Ursache für das geschmolzene Wasser vermuten.
"Wenn die Temperatur des Wassers im Inneren von Charon sich dem Gefrierpunkt
nähert, dehnt es sich in die Risse der darüber liegenden Eisschicht aus und
erreicht schließlich die Oberfläche", erläutert Cook. Dort gefriert es sofort
und "schneit" auf die Oberfläche zurück, was dann für die hellen Regionen sorgt,
die auf Infrarot-Aufnahmen von Charon zu sehen sind. "Den echten Beweis aber",
so Cook, "wird hoffentlich die NASA-Sonde New Horizons liefern, die das System
2015 erreichen wird. Die Bilder könnten bestätigen, was wir in
unseren Gemini-Daten gesehen haben".
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