Der Stern, der zweimal explodierte
von Rainer Kayser
5. April 2007
Zunächst sah es so aus, als wäre im Oktober 2004 in der
Galaxie UGC 4905 ein massereicher Stern in einer Supernova explodiert. Doch
Beobachtungen ergaben, dass der Stern die Explosion überlebt hatte. Zwei Jahre
später dann beobachteten Astronomen erneut eine Explosion - diesmal tatsächlich
eine Supernova. Das bislang einmalige Schauspiel will allerdings so gar nicht zu
den Theorien der Wissenschafter
passen.
Aufnahme der Supernova 2006jc in der Galaxie UGC 4904. Bild:
NASA / Swift / S. Immler |
Am 20. Oktober 2004 sah der japanische Amateurastronom Koichi Itagaki in der 25
Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie UGC 4905 ein Lichtpünktchen aufleuchten.
Zunächst dachten er und die von ihm alarmierten Forscher, es handele sich um
einen explodierenden Stern, eine so genannte Supernova. Dann jedoch zeigte sich,
dass der Stern die Eruption überlebt hatte: Er hatte lediglich in einem
gewaltigen Ausbruch einen Teil seiner Außenschichten ins All geschleudert. Fast
exakt zwei Jahre später, am 11. Oktober 2006, sahen Profi- und Hobbyastronomen
das Gestirn dann zu ihrer Verblüffung erneut aufleuchten. Diesmal, so berichtet
ein Forscherteam im Fachblatt Astrophysical Journal Letters, hat
tatsächlich eine Supernova-Explosion den Stern zerfetzt. "Niemals zuvor haben
wir beobachtet, dass ein Stern einen solchen Ausbruch durchlebt und kurz darauf
explodiert", sagt Ryan Foley von der University of California in
Berkeley. Der Astronom hat gemeinsam mit Kollegen das rätselhafte Objekt mit dem
zehn Meter großen Keck-Teleskop auf Hawaii beobachtet. Weitere
Beobachtungen führten Stefan Immler vom Goddard Space Flight Center der
NASA und seine Mitarbeiter im hochenergetischen Röntgen- und Gammabereich mit
den Satelliten Chandra und Swift durch.
Die Messungen zeigen, dass die bei der Explosion des Sterns ins All
geschleuderte Materie rasch auf eine sich langsamer bewegende Hülle aus Gas
gestoßen ist. Dabei handelt es sich nach Ansicht der Astronomen um das bei der
ersten Eruption ausgestoßene Material. Durch den Zusammenprall hat sich das Gas
auf mehrere Millionen Grad erhitzt und sendet deshalb hochenergetische Strahlung
aus. Die Forscher schätzen, dass der Stern bei seinem Ausbruch im Jahr 2004 etwa
ein Hundertstel der Sonnenmasse ausgestoßen hat.
Foley und seine Kollegen vermuten, dass es sich ursprünglich um einen
massereichen Stern in einer instabilen Phase gehandelt hat. Für solche
"leuchtkräftigen blauen Variablen" sind Ausbrüche wie der vom Oktober 2004 typisch. Durch den Ausbruch hat sich das Gestirn dann in einen so genannten
Wolf-Rayet-Stern umgewandelt, einen heißen Stern, der seine äußere Hülle
abgestoßen hat. Trotzdem stellt die rasche Explosion nach dem Ausbruch die
Wissenschaftler vor ein Rätsel. "Das zerstört unsere gegenwärtigen Modelle von
der Sternentwicklung", so Foley. Die Theorie liefere bislang keine vernünftige
Erklärung für das Phänomen.
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