1.000 Schwarze Löcher und neue Fragen
von Rainer Kayser
14. März 2007
Über 1.000 supermassereiche Schwarze Löcher haben
amerikanische Astronomen mit Hilfe von Weltraum- und bodengestützten Teleskopen
untersucht und sind dabei auf ein überraschendes Phänomen gestoßen: Sie fanden
entweder Schwerkraftfallen, die vollständig von einem Ring aus Gas umgeben waren
oder nahezu nackte Schwarze Löcher. Zwischen diesen beiden Extremen fanden sie
bis auf wenige Ausnahmen nichts.

Eines der beobachteten unverhüllten Schwarzen Löcher (oben) und
ein durch Gas verhülltes Exemplar (unten). Fotos: NASA /
CXC / CfA / R.Hickox et al. (Röntgen), NASA / JPL /
Caltech / P.Eisenhardt & D.Stern et al. (Infrarot), NOAO /
B.Jannuzi & A.Dey et al. (optisch)
 |
Über eintausend supermassive Schwarze Löcher haben Astronomen im Rahmen einer
Art "kosmischen Volkszählung" aufgespürt und untersucht - mit überraschenden
Ergebnissen. Denn die Eigenheiten dieser Schwerkraftmonster mit der
hundertmillionen- bis milliardenfachen Masse unserer Sonne scheinen den
bisherigen Modellvorstellungen der Forscher zu widersprechen. Danach sollten die
Schwarzen Löcher von einem dichten Ring aus Gas umgeben sein. Für einen
irdischen Beobachter sollte der Blick auf ein Schwarze Loch daher - je nach
Orientierung des Ringes - unterschiedlich stark durch das Gas behindert sein.
Doch die Astronomen fanden fast nur "nackte" oder hinter dichten Gasschleiern
verborgene Schwarze Löcher. "Es gibt nur sehr wenig Objekte, die zwischen
diesen Extremen liegen", sagt Ryan Hickox vom Harvard Smithsonian Center for
Astrophysics im amerikanischen Cambridge, "wir müssen uns deshalb fragen,
was wir wirklich über die Umgebung dieser Schwarzen Löcher wissen." Insgesamt
stießen die Forscher auf 700 "nackte" und 600 stark verschleierte supermassive
Schwarze Löcher. "Wir wollten einen möglichst kompletten Zensus der Schwarzen
Löcher und ihrer Eigenschaften erhalten", so Hickox.
Dazu haben die Astronomen einen Bereich des Himmels im Sternbild
Ochsentreiber (Bootes) mit dem Röntgensatelliten Chandra, dem
Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer und mehreren Großteleskopen auf der
Erde nach der verräterischen Strahlung der Schwarzen Löcher abgesucht. Zwar kann
aus den supermassiven Objekten nichts, nicht einmal Licht, entkommen. Doch wenn
Materie in die Schwarzen Löcher einfällt, heizt sie sich auf und sendet dadurch
charakteristische Strahlung in allen Wellenlängenbereichen aus.
Mit 9,3 Quadratgrad - der 40-fachen Fläche des Vollmonds - ist die
untersuchte Himmelsregion die größte zusammenhängende Fläche, die bislang mit
Chandra beobachtet wurde. Sie setzt sich aus 126 Einzelbeobachtungen mit dem
Röntgensatelliten zusammen. Nur durch die Beobachtung der Objekte in mehreren
Wellenlängenbereichen - Röntgen, Infrarot und sichtbares Licht - lassen sich die
Schwarzen Löcher von gewöhnlichen Sternen oder Galaxien unterscheiden. Die
supermassiven Schwarzen Löcher sind überwiegend zwischen sechs und elf
Milliarden Lichtjahre von uns entfernt.
|