Das Geheimnis von AB Aurigae
Redaktion / PSI
astronews.com
23. Februar 2007
Schweizer Astronomen könnten mithilfe des europäischen
Röntgenteleskops XMM-Newton ein 20 Jahre altes Rätsel um den Stern AB
Aurigae gelöst haben. Die Beobachtungen halfen den Forschern nämlich zu klären,
woher die Röntgenstrahlung stammt, die um den Stern beobachtet wurde.

Das Röntgenbild vom Satelliten XMM-Newton der
ESA zeigt einen kleinen Ausschnitt des Taurus-Auriga-Gebiets im
Sternbild Fuhrmann. Der helle Fleck links stammt von einem der
vielen sonnenähnlichen Sterne in dieser Region, wo unzählige
neue Himmelskörper entstehen. Sein heißes Gas sendet starke
Röntgenstrahlung ähnlich wie die Korona der Sonne aus. Der Stern
rechts ist AB Aurigae, rund 470 Lichtjahre von der Erde
entfernt. Sein emittierendes Gas (orange im Falschfarbenbild) ist
im Vergleich zum linken Stern (weiß) sehr viel kälter. Bild:
PSI / ESA |
AB Aurigae hat eine fast dreimal größere Masse als die Sonne und ist damit
einer der massereichsten Sterne des Taurus-Auriga-Gebiets. Er steht im Sternbild
Fuhrmann, einer Region der Milchstrasse, wo unzählige neue Sterne entstehen. Mit
seiner großen Masse gehört AB Aurigae zur Klasse der Herbig-Sterne, die nach
ihrem Entdecker, dem US-Astronomen George Herbig, benannt sind.
In einem Großprojekt der ESA wurde das Taurus-Auriga-Gebiet nach
Röntgenstrahlung abgesucht. Das Röntgen-Weltraumteleskop XMM-Newton
zeichnete die Emissionen von AB Aurigae und vielen andern Jungsternen in seiner
Umgebung auf. Dabei wurde AB Aurigae als helle Röntgenquelle entdeckt. Woher
diese Strahlung stammt, darüber rätseln die Astrophysiker seit 20 Jahren, denn
eigentlich dürften Herbig-Sterne keine solche aussenden.
Röntgenstrahlung wird normalerweise bei jungen, massearmen Sternen
beobachtet, die mächtige Magnetfelder erzeugen und dadurch ihre Atmosphäre stark
aufheizen. Modellrechnungen haben jedoch gezeigt, dass der innere Aufbau von
Herbig-Sternen nicht geeignet ist, um starke Magnetfelder zu produzieren. Warum
sendet AB Aurigae dennoch Röntgenstrahlung aus? Ein internationales Team unter
Leitung von Manuel Güdel und seiner Doktorandin Alessandra Telleschi vom
schweizer Paul Scherrer Instituts (PSI) fand nun eine Erklärung. Bei der Analyse
der Röntgendaten von AB Aurigae maß man eine Gastemperatur zwischen ein und fünf
Millionen Grad. "Diese Temperatur ist ungewöhnlich tief", sagt Güdel. "Sie liegt
weit unter den für junge sonnenähnliche Sterne üblichen 10 bis 30 Millionen
Grad."
Dass die Röntgenstrahlung von AB Aurigae selbst und nicht von einem kleineren
Begleitstern stammt, wie einige Himmelskundler vermuteten, entnahmen Güdel und
sein Team einem andern Hinweis. Die Röntgenemissionen änderten sich wellenförmig
mit einer Periode von 42 Stunden, was für AB Aurigae eine magische Zahl ist.
Astronomen hatten bereits früher herausgefunden, dass Teile der optischen und
der Ultraviolett-Strahlung des Sterns mit derselben Periode variieren. "Als wir
dieselbe Periode in der Röntgenstrahlung sahen, wussten wir, dass diese nicht
von einem Begleiter ausgesandt wird", sagt Güdel.
Schließlich lieferte das Röntgenspektrometer den entscheidenden spezifischen
Fingerabdruck von AB Aurigae. Für das leistungsfähige Instrument hatte das PSI
wichtige Komponenten entwickelt und gebaut. Die hoch aufgelösten Daten des
Spektrums sorgten für eine Überraschung. Sie zeigten, dass die Röntgenstrahlung
von weit oberhalb der Sternoberfläche kommen muss – aus einer Höhe von ein bis
zwei Millionen Kilometer. Die Wissenschaftler hatten eigentlich erwartet, dass das
heiße Gas – wie in der Korona der Sonne – knapp über der Oberfläche
Röntgenemissionen aussendet.
Gemäß eines Modells des PSI-Teams stammt das Magnetfeld von AB Aurigae von
den Gasen, die sich beim Entstehungsprozess zum Stern zusammenzogen. Das
Magnetfeld ist nun im Stern "gefangen" und umgibt ihn wie dasjenige der Erde.
Dadurch geraten die Sternwinde unter seinen Einfluss und strömen von Norden und
Süden her entlang der Magnetfeldlinien weg vom Stern. Hoch über dem Äquator
stoßen sie heftig zusammen und erzeugen durch ihre Aufheizung Röntgenstrahlung.
"Das ist eine hübsche Erklärung für ein 20-jähriges Rätsel", sagt Manuel Güdel.
Weitere Röntgenbeobachtungen müssen nun zeigen, ob das Modell auch auf andere
Herbig-Sterne anwendbar sei.
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