Galaktische Einflüsse auf das Erdklima
von
Hans Zekl
für
astronews.com
20. November 2006
Auf ihrer Wanderung um das Milchstraßenzentrum durchquert
unser Sonnensystem immer wieder Spiralarme und ist dem Teilchenschauer
explodierender Sterne ausgesetzt. Nun fand der dänische Wissenschaftler Henrik
Svensmark vom Danish National Space Center in Kopenhagen Belege dafür,
dass diese wechselnden kosmischen Umweltbedingungen Auswirkung auf das irdische
Klima haben.
Kosmische Strahlung fördert die Wolkenbildung
und führen so zu einer Abkühlung des Erdklimas. Bild:
Danish National Space Center |
Die Erde ist einem ständigen Strom energiereicher atomarer Teilchen
ausgesetzt, der so genannten kosmischen Strahlung. Obwohl es den Astronomen
bislang nicht gelungen ist, ihren Ursprung eindeutig zu bestimmen, sind sie sich
sicher, dass explodierende, massereiche Sterne und ihre Überreste dafür in Frage
kommen, die sich in den Spiralarmen unserer Milchstraße befinden. Je
nachdem, ob sich das Sonnensystem innerhalb eines Arms oder zwischen zwei Armen
aufhält, ist die kosmische Strahlung stärker oder schwächer. Immerhin ist in den
Armen die Dichte der Materie 80 Prozent höher als zwischen ihnen.
Teilchen der kosmischen Strahlung können mit Molekülen der Erdatmosphäre
zusammenstoßen und ihnen ein oder mehrere Elektronen entreißen.
Diese nun elektrisch geladenen Bestandteile der Luft wirken als
Kondensationskeime für Wassertropfen. Im Endeffekt führt eine intensivere
kosmische Strahlung zu einer stärkeren Wolkenbildung und somit zu einer globalen
Abkühlung.
"Andere Wissenschaftler griffen die Idee auf und haben den Wechsel von
Warm- und Kaltzeiten durch die vorhandenen astronomischen Daten erklärt,"
erläuterte Dr. Svensmark. "Ich habe nun die Argumentation umgedreht und die
astronomischen Daten aus den Klimaveränderungen der letzten 200 Millionen Jahre
berechnet." Wie Svensmark in der Novemberausgabe der Fachzeitschrift
Astronomischen Nachrichten darlegt, wandert die Sonne mit ihren Planeten mit
einer Geschwindigkeit vom 18 Kilometern pro Sekunden gegenüber den Spiralarmen
um das Zentrum der Galaxis. Momentan befindet sie sich zwischen zwei Armen, nach
einer letzten Durchquerung vor 34 Millionen Jahren.
Svensmarks Untersuchung basiert auf Arbeiten des Astrophysikers Nir Shaviv
vom Racah Institut in Jerusalem und dem Geologen Ján Veizer von der
Universität Ottawa, die die Meerestemperaturen aus der Häufigkeit des
Sauerstoffisotops O-18 in fossilen Sedimenten mikroskopischer Muscheln
bestimmten. Danach wechseln sich warme und kalte Perioden etwa alle 140
Millionen Jahre ab. Ebenso lang ist die Zeitdauer zwischen zwei Durchgängen
durch Spiralarme.
Überlagert sind kleinere Zyklen mit einer Periode von rund 34 Millionen
Jahren, was zu der Auf-und-Ab-Bewegung des Sonnensystems gegenüber der Ebene der
Milchstraße passt, in der die kosmische Strahlung am stärksten ist. Svensmark
fand heraus, dass es nur eine Kombination astronomischer Größen der galaktischen
Umgebung gibt, die zur Bewegung des Sonnensystems und den in den Sedimenten
aufgezeichneten Klimaänderungen passt.
Doch reichen fossile Klimaaufzeichnungen noch wesentlich weiter in die
Vergangenheit zurück: Anhand des Kohlenstoffisotops C-13 fand Svensmark heraus,
dass die hohe Sternbildung in der Milchstraße vor 2,4 Milliarden Jahren einen
deutlichen Einfluss auf das irdische Klima hatte. Dafür nutzte er den Umstand
aus, dass Lebewesen wie Bakterien und Algen, die damals vorherrschten, bevorzugt
das Kohlenstoffisotop C-12 in ihr Gewebe einbauen. Dadurch erhöhte sich der
Anteil von C-13 in den Urozeanen, das dann von anderen Lebewesen zum Bau von
Schalen verwendet wurde. So zeigen Schwankungen des C-13-Gehalts an, wie
produktiv die Biosphäre in der Urzeit einst gewesen ist.
Zur Überraschung Svensmarks fallen die größten Produktivitätsschwankungen mit
hohen Sternbildungsraten zusammen, wenn auch viele Supernovae entstehen, die die
Dosis der kosmischen Strahlung erhöhen. Vermutlich war die Wolkendecke dann
dichter, wenn mehr Sterne explodierten. Durch die verringerte Sonneneinstrahlung
kühlte die Erdoberfläche ab. Dennoch gab es dabei Phasen, in denen mehr Biomasse
erzeugt wurde als in Warmzeiten. Eine mögliche Ursache dafür könnten stärkere
Winde während kalter Perioden sein, die mehr Nahrungsstoffe in den oberen
Wasserschichten ablagerten.
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