Alte Sterne, neue Erkenntnisse
von Rainer Kayser
21. August 2006
Einem internationalen Forscherteam ist es erstmals gelungen,
kritische Übergangsphasen bei extrem leuchtschwachen Sternen zu beobachten. Die
Astronomen erhoffen sich aus ihren Messungen neue Erkenntnisse über die
Entstehung und Entwicklung von Sternen, sowie über das Alter und die Entstehung
der Milchstraße. Das Team berichtet in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts
Science über seine Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble.

Von Hubble entdeckter roter Zwergstern in NGC 6397. Bild: NASA
/ ESA / H. Richer (University of British Columbia) |
"Das Licht dieser Sterne ist so schwach wie eine Geburtstagskerze auf dem
Mond", erklärt Harvey Richer von der University of British Columbia in
Vancouver, der das Forscherteam aus Kanada, den USA und Australien leitet. Die
Wissenschaftler hatten fünf Tage lang das Hubble-Teleskop auf den
Kugelsternhaufen NGC 6397 gerichtet, um das schwache Sternenlicht zu sammeln.
Wenn die Masse eines Sterns weniger als acht Prozent der Sonnenmasse beträgt,
reichen Druck und Temperatur im Inneren nicht aus, um dort dauerhaft das Feuer
der Kernfusion zu entzünden. Solche "Braunen Zwerge" kühlen innerhalb von etwa
einer Milliarde Jahren ab. Im Gegensatz dazu können Sterne direkt oberhalb
dieser Grenze durch die Kernfusion länger leben, als das Universum heute alt
ist.
Richer und seinen Kollegen gelang es erstmals, diesen Übergang direkt
nachzuweisen. Dazu trugen sie alle lichtschwachen Sterne gemäß ihrer Helligkeit
und Temperatur in ein Diagramm ein. Die massearmen Sterne liegen dann alle auf
einer Reihe - die plötzlich abbricht: nämlich genau dort, wo die Grenzmasse für
die Kernfusion erreicht ist. Mit 8,3 Prozent der Sonnenmasse entspricht dieses
Limit exakt den theoretischen Vorhersagen.
Den Forschern gelang auf ähnliche Weise der Nachweis eines Übergangs bei so
genannten Weißen Zwergen. Dabei handelt es sich um die Überreste normaler Sterne
wie unserer Sonne. In ihnen ist die Kernfusion bereits erloschen und sie kühlen
langsam aus. Erreichen die Weißen Zwerge eine Temperatur von weniger als 4000
Grad, so können sich in ihrer Atmosphäre Wasserstoff-Moleküle bilden. Dadurch
verfärben sich die Sterne - ein Effekt, der sich in den Daten von NGC 6397
deutlich zeigt.
Damit öffne sich, so die Astronomen, die Tür zu einer genauen Bestimmung des
Alters von NGC 6397. Und da es sich bei NGC 6397 um einen der ältesten
Kugelsternhaufen unserer Milchstraße handelt, erhoffen sich die Wissenschaftler
daraus wiederum neue Erkenntnisse über die Entstehung der Galaxis.
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