Neuer Kometen-Typ im Asteroidengürtel?
von Rainer Kayser
24. März 2006
Gibt es auch im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter
eine Population von Kometen? Drei dieser oft als schmutzige Schneebälle
bezeichneten Objekte wurden hier bereits gefunden. Gehören sie vielleicht zu
einem neuen Typ von Kometen, der in der Frühzeit des Sonnensystems das Wasser
auf die Erde brachte?
Die drei bekannten Kometen im Asteroidengürtel. Bild: H.
Hsieh and D. Jewitt (Univ. Hawaii).
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Bislang schien unser Sonnensystem schön geordnet: Zwischen Mars und Jupiter
kreisen die Asteroiden, felsige Überreste der Planetenentstehung. Jenseits der
Neptunbahn, im Kuipergürtel und in der Oortschen Wolke, schwirren dagegen die
eisigen Kometen umher, von denen sich nur dann und wann einer in das innere
Sonnensystem verirrt. Nun hat eine Entdeckung amerikanischer Astronomen diese
Ordnung durcheinander gewirbelt: Offenbar gibt es auch im Asteroidengürtel
Kometen. Diese Kometen könnten sogar eine wichtige Quelle für das irdische
Wasser gewesen sein. Die Vorstellung, Kometen könnten sich dauerhaft im
inneren Sonnensystem aufhalten, erscheint zunächst unmöglich. Denn bei der
Annäherung an die Sonne beginnen die flüchtigen Bestandteile - Wassereis und
gefrorene Gase - der wenige Kilometer großen Himmelskörper zu verdampfen. Ein
oftmals viele Millionen Kilometer langer Schweif bildet sich. Doch dieses
prächtige Himmelsspektakel sorgt auch für die langsame Auflösung eines Kometen:
Die aktive Lebenszeit eines Kometen beträgt innerhalb der Jupiterbahn lediglich
rund 10.000 Jahre.
Und doch wurde vor zehn Jahren entdeckt, dass der vermeintliche Asteroid
Elst-Pizarro sich wie ein Komet verhält. Er stößt beständig Staub aus, offenbar
angetrieben durch das Verdampfen von Eis. Angeregt von dieser Beobachtung
machten sich Henry Hsieh und David Jewitt von der University of Hawaii auf die
Suche nach ähnlichen Objekten. Tatsächlich stießen sie bei der Untersuchung von
insgesamt dreihundert kilometergroßen Himmelskörpern im Asteroidengürtel auf ein
weiteres "aktives" Objekt. Ein weiterer "Asteroidengürtel-Komet" wurde im
vergangen Jahr zufällig von anderen Forschern aufgespürt.
Können diese drei Kometen ursprünglich aus den äußeren Regionen des
Sonnensystems stammen und sozusagen vom Asteroidengürtel eingefangen worden
sein? Hsieh und Jewitt verneinen diese Frage. Denn in Simulationen von
Kometenbahnen ist es nicht gelungen, solche Einfänge zu reproduzieren. Zudem
sind die Bahnen aller drei Objekte nahezu kreisförmig und liegen fast genau in
der Ekliptik, der Hauptebene des Sonnensystems. Solche regulären Bahnen sind
nach nahen Begegnungen mit anderen Himmelskörpern, wie sie für einen Einfang
nötig wären, unwahrscheinlich.
Die beiden Forscher schließen daraus, dass es sich bei den Objekten um eine
neue Art von Kometen handelt, die im äußeren Asteroidengürtel entstanden sind.
Eine dünne Schicht von Gesteinsschutt kann die flüchtigen Bestandteile dauerhaft
vor dem Verdampfen schützen, argumentieren Hsieh und Jewitt. Größere Einschläge
von Meteoriten könnten jedoch diese isolierende Schicht durchdringen und dann
für eine jahrelange Aktivität der Kometen sorgen.
Zwischen 15 und 150 solcher neuartigen Kometen könnten im äußeren
Asteroidengürtel ständig aktiv sein, schätzen die Forscher auf Basis ihrer
Beobachtungen. Diese Kometen könnten auch in der Frühzeit des Sonnensystems das
Wasser zur Erde gebracht haben. Hsien und Jewitt schlagen deshalb vor, eine
Raumsonde zu einem Asteroidengürtel-Kometen zu schicken und zu untersuchen, ob
die Isotopenzusammensetzung des dort vorhandenen Wassers mit jener des irdischen
Wassers übereinstimmt.
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