Die meisten Sterne sind Single
von Stefan
Deiters
astronews.com
1. Februar 2006
Für nahezu jeden Astronomen war eines klar: Die überwiegende Zahl der Sterne
befindet sich in Doppel- oder Mehrfachsystemen.
Jetzt hat Charles Lada dieses "Allgemeinwissen" einmal überprüft und
festgestellt, dass die meisten Sterne in Wirklichkeit "Single" sind. Da Planeten
leichter um Einzelsterne entstehen können, ist dies auch für Planetenjäger eine
wichtige Erkenntnis.
So stellt sich ein Künstler einen eisigen
Planeten um einen roten Zwergstern vor. Bild: ESO |
Schon seit längerem wissen Astronomen, dass massereiche, helle Sterne und
sogar Sterne wie unsere Sonne sehr häufig in Doppel- oder Mehrfachsystemen
auftreten. Dies führte zur
allgemein verbreiteten Ansicht, dass sich die meisten Sterne im Universum in
solchen Mehrfachsystemen befinden müssten. Neuere Studien jedoch zeigen, dass
dies eine unzulässige Verallgemeinerung war: Massearme Sterne nämlich scheinen
meistens Einzelsterne zu sein und sind erheblich häufiger im All
anzutreffen als ihre massereicheren Brüder.
Charles Lada vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics hat nun einmal genauer
nachgerechnet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die meisten Sterne in
unserer Milchstraße einzelne rote Zwerge sind. "Wenn man die Teile des Puzzles
zusammenfügt, entsteht ein Bild, das sich um 180 Grad von dem unterscheidet, was
die Astronomen bisher angenommen haben", so Lada.
Unter sehr massereichen Sternen, so genannten O- und B-Sternen, sind etwa 80
Prozent in Doppel- oder Mehrfachsystemen zu finden. Diese Sterne sind sehr hell,
aber auch relativ selten. Unter Sternen, die etwa die Masse unserer Sonne haben,
sind etwas mehr als die Hälfte in Mehrfach-Systemen anzutreffen. Bei den roten
Zwergen allerdings sind es nur rund 25 Prozent. Berücksichtigt man nun die
Tatsache, dass etwa 85 Prozent aller Sterne in der Milchstraße rote Zwerge sind,
fällt der Schluss nicht schwer, dass es sich bei mindestens zwei Dritteln aller
Sterne um einzelne rote Zwerge handelt.
Diese große Häufigkeit von Einzelsternen deutet darauf hin, dass
Sternentstehungs-Szenarien, bei denen ein einzelner Stern entsteht, deutlich
wichtiger sein könnten als Modelle, bei denen hauptsächlich Mehrfach-Systeme
entstehen. "Sicherlich ist es möglich, dass Doppelstern-Systeme durch enge
Begegnungen mit einem anderen Stern aufgelöst werden", erläutert Frank Shu von
der National Tsing Hua University in Taiwan, "doch kann man die Ergebnisse von
Lada nicht erklären, wenn man annimmt, dass alle Sterne in Mehrfachsystemen geboren
werden."
Die Ergebnisse sind auch für Planetenjäger interessant: Da Planetenentstehung
in Doppel- oder Mehrfachsystemen recht schwierig ist, bedeutet ein hoher Anteil
von Einzelsternen, dass Planetensysteme deutlich häufiger sein dürften als
bislang angenommen. Der unlängst mit der Gravitationslinsen-Methode entdeckte
Planet (astronews.com berichtete) umkreist beispielsweise einen roten Zwerg.
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