Die Zukunft heißt BOINC
von Stefan
Deiters
astronews.com
6. Januar 2006
Im Mai 1999 begann der Siegeszug eines kleinen
Bildschirmschoner-ähnlichen Programms, mit dessen Hilfe sich Computerbesitzer
auf der ganzen Welt an der Suche nach Signalen von außerirdischen Intelligenzen
beteiligen konnten: SETI@home. Mitte Dezember
wurde das Programm nun gestoppt. Das Ende der Suche nach E. T. vom heimischen PC
aus bedeutet dies jedoch nicht. Ab sofort setzt SETI auf BOINC.

Sechs Jahre lang wertete SETI@home Daten des
weltgrößten Radioteleskops in Arecibo aus. Foto: NAIC -
Arecibo Observatory, eine Einrichtung der NSF / David Parker /
Science Photo Library |
Auch ohne bislang Signale einer außerirdischen Zivilisation aufgespürt zu
haben, hat SETI@home Maßstäbe gesetzt: Das Programm war das größte
Computerexperiment aller Zeiten, bei dem die Auswertung von Daten über das
Internet auf Millionen Computer verteilt wurde.
Das an der Universität von Kalifornien in Berkeley entwickelte und von
Planetary Society unterstützte Programm funktionierte im Prinzip wie ein
Bildschirmschoner: Wenn die Rechenleistung des Computers nicht benötigt wurde,
wertete das Programm Daten des Radioteleskops in Arecibo in Puerto Rico aus und
sandte die Ergebnisse zurück zur SETI@home-Zentrale.
Das Programm war am 17. Mai 1999 online gegangen und erfreute sich gleich
weltweit größter Beliebtheit. Ursprünglich war SETI@home nur für 200.000 bis
300.000 Teilnehmer ausgelegt worden, doch der Erfolg war so groß, dass sich
durchschnittlich 2.000 neue Mitstreiter pro Tag registrierten. Zuletzt
beteiligten sich 5,5 Millionen Teilnehmer an der Suche nach Außerirdischen.
Dabei war SETI@home auch Vorreiter für eine ganz Reihe von weiteren Projekten,
die sich des Prinzips "verteiltes Rechnen" bedienen. "Unser Projekt hat viele
weitere Ideen angeregt, wie man sich die unzähligen mit dem Internet verbundenen
Computer als Quelle für wissenschaftliche Forschung nutzbar machen kann", so der
Direktor des Projektes David P. Anderson.
Doch jetzt soll das Projekt eine neue
Richtung bekommen, da SETI@home etwas an Schwung
verloren hat: "Die Wissenschaft hinter SETI@home
ist in gewisser Weise eine Sackgasse", so zitiert das Wissenschaftsmagazin
Nature Andersen. "Es sollte eigentlich nur zwei Jahre laufen, am Ende waren es
sechs. Wir suchen immer wieder den Himmel ab, doch ist es sehr unwahrscheinlich,
dass wir irgendetwas finden, was wir nicht schon längst entdeckt haben."
Zukünftig basiert SETI@home auf BOINC, der
Berkeley Open Infrastructure for Network Computing. Dadurch wird es möglich,
Daten von unterschiedlichen Teleskopen auszuwerten und auch in verschiedenen
Frequenzbereichen zu suchen. Der SETI@home-Chef
Andersen ist auch Direktor von BOINC, so dass das Projekt in einer Hand bleibt.
Entscheidender Vorteil von BOINC ist, dass die Plattform verschiedene Projekte
unterstützt und sich Teilnehmer so leicht auch für andere Projekte
registrieren können. So lange Projekte für wissenschaftliches Rechnen eigene
Software verwenden, müssen Teilnehmer Software für jedes Projekt installieren.
Macht ein Projekt Pause und hat man nicht die Software eines anderen Projektes
installiert, bleibt die Rechenleistung des Computers ungenutzt.
Jetzt kann man nach der Installation des Software-Paketes entscheiden, wie
viel Rechenleistung man den verschiedenen Projekten zur Verfügung stellen will.
Die Liste der Projekte wird ständig länger: So kann man inzwischen nicht nur
nach außerirdischen Signalen fahnden, sondern im Rahmen von
Einstein@home nach Gravitationswellen suchen,
die von Pulsaren, also rotierenden Neutronensternen ausgesandt werden. Zudem
können sich Computerbesitzer auf der ganzen Welt auch an
Klimasimulationen beteiligen oder bei der Bekämpfung von Krankheiten helfen.
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