Sterne von Planetengröße
von Stefan
Deiters
astronews.com
14. März 2005
Detaillierte
Beobachtungen mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen
Südsternwarte (ESO) in Chile haben einen Stern enttarnt, der andernfalls
vielleicht als neuer extrasolarer Planet durchgegangen wäre: Um den
Stern OGLE-TR-122 entdeckten die Astronomen eine Sonne, die
96mal massereicher ist als Jupiter, aber den Gasriesen vom Umfang her nur um 16
Prozent übertrifft.

Größenvergleich zwischen der Sonne (links), dem Begleiter von
OGLE-TR-122 (rechts oben) und Jupiter. Bild: ESA, NASA,
JPL, University of Arizona |
Der wohl bislang direkteste Weg, einen Planeten um einen anderen Stern
aufzuspüren, ist die so genannte Transitmethode: Dabei versuchen die Astronomen
jene Planetensysteme aufzuspüren, bei denen ein Planet so um seine Sonne kreist,
dass er von der Erde aus gesehen, seinen Zentralstern kurzzeitig verdunkelt.
Dies sollte sich, entsprechend des Orbits der fernen Welt, in regelmäßigen
Abständen wiederholen.
Die Wissenschaftler können auf diesem Wege die Masse und
Radius des extrasolaren Planeten bestimmen. Verschiedene Teams versuchen solche
Helligkeitsschwankungen zu entdecken - darunter auch das OGLE-Projekt, das
ursprünglich dazu dienen sollte, massereiche, kompakte Haloobjekte aufzuspüren,
die früher als aussichtsreiche Kandidaten zur Erklärung der fehlenden Materie in
unserer Galaxie angesehen wurden.
Das OGLE-Team hatte durch ständige Kontrolle von mehreren 100.000
Sternen am südlichen Himmel 177 planetare Transitkandidaten aufgespürt, die aber
alle noch durch zusätzliche Beobachtungen bestätigt werden mussten. Unter anderem
wurde dabei dann das "Wackeln" des Sterns bestimmt, das ein umlaufender Planet
verursacht. Ein internationales Astronomenteam hat mit Hilfe der Very Large
Telescope-Einheit Kueyen und dem leistungsfähigen Spektrographen FLAMES/UVES
60 dieser Kandidaten unter die Lupe genommen und auf diese Weise fünf neue
extrasolare Planeten aufgespürt. Die anderen Kandidaten stellen sich als
Doppelsterne heraus, bei denen ein massearmer Stern einen sonnenähnlichen Stern
umrundet.
Diese extrem massearmen Sterne, die gerade einmal über genug Masse verfügen,
um das nukleare Brennen im Inneren zu zünden, sind für Astronomen
außerordentlich interessant, da sie in einem Grenzbereich zwischen Planeten,
Braunen Zwergen und richtigen Sternen liegen und von der Zusammensetzung manche
Ähnlichkeit mit einem Gasriesen wie Jupiter aufweisen sollten. So hat die
Entdeckung von vielen massearmen Sternen die Astronomen nicht etwa enttäuscht,
sondern lieferte wichtiges Datenmaterial über diese Familie von Sternen - und sie
lieferte die Entdeckung des bislang masseärmsten Sterns überhaupt.
Dieser Rekordhalter ist ein Begleiter des Sterns OGLE-TR-122, der den
Forschern auffiel, weil seine Helligkeit alle sieben Tage, sechs Stunden und 27
Minuten um 1,5 Prozent zurückging. Beobachtungen im März vergangenen Jahres
ergaben dann, dass der Begleiter eine Masse haben muss, die ihn gerade an die
Grenzmasse bringt, bei der die Wasserstoff-Fusion einsetzt. Außerdem bestimmten die
Forscher genaue Daten für OGLE-TR-122 selbst, der sich als sonnenähnlicher Stern
entpuppte. Dies ermöglichte den Wissenschaftlern wiederum die Masse des
Begleiters genau zu ermitteln: Er ist 96 Mal massereicher als Jupiter,
allerdings nur 16 Prozent größer als der Gasriese.
"Stellen Sie sich einmal vor, dass man 95 Mal die Masse des Jupiter
zu Jupiter hinzufügt und trotzdem nur ein Objekt erhält, das wenig größer ist als
Jupiter selbst", macht Claudio Melo von der ESO die Besonderheit des Sterns
deutlich. "Das Objekt schrumpft, um Raum für die Materie zu machen und wird so
dichter und dichter." Und Frederic Pont von der Sternwarte in Genf ergänzt: "Der
Fund zeigt, dass es Sterne gibt, die verdammt nach Planeten aussehen, sogar wenn
man ganz nahe dran ist. Es ist schon seltsam, sich vorzustellen, dass man sich
diesem System mit einer Raumsonde nähern würde und man immer noch große
Schwierigkeiten hätte, zu erkennen, ob es sich um einen Stern oder Planeten
handelt."
Wie alle Sterne erzeugt der Begleiter von OGLE-TR-122 Energie durch
Kernfusion. Da er aber so massearm ist, geschieht dies nur in einer sehr kleinen
Rate, insbesondere, wenn man ihn etwa mit der Sonne vergleicht. Kurioserweise können
Planeten, die man um andere Sterne entdeckt, teilweise größer sein, als dieser
massearme Stern. Unter den so genannten "Heißen Jupitern", die ihren
Zentralstern in sehr engem Orbit umrunden, finden sich Exemplare, die rund 30
Prozent
größer als Jupiter sind. Man wird zukünftig also noch genauer hinschauen müssen,
ob man es mit einem Stern oder einem Planeten zu tun hat.
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