Große
Schwarze Löcher
müssen hungern
von
Hans Zekl
für
astronews.com
18. Februar 2005
Wer sich sein Essen nicht einteilt, dem kann es passieren, dass er
irgendwann auf Diät gesetzt wird. Astronomen konnten nun mit Hilfe des
Chandra-Röntgenteleskops zeigen, dass es Schwarzen Löchern ähnlich geht: Die
Schwerkraftfallen mit dem größten Appetit erreichen irgendwann eine maximale
Größe, während bescheidenere Schwarze Löcher immer weiter wachsen.

Chandra-Aufnahme des Lockman-Lochs und schematische Darstellung
eines extrem massereichen Schwarzen Lochs (oben rechts) und
eines Schwarzen Lochs, das gemächlich wächst (unten rechts). Bild:
NASA / CXC / U. Wisconsin / A. Barger et al. (Röntgenbild), NASA
/ CXC / M. Weiss (Grafik) [Großansicht] |
Die größten und massereichsten Schwarzen Löcher erreichen eine maximale
Größe. Wie Astronomen mit dem Chandra-Röntgenobservatorium kürzlich
herausfanden, müssen sie wegen "Nahrungsmangels" ihr Wachstum irgendwann
einstellen. Bescheidenere Schwarze Löcher dagegen haben keine Nahrungsprobleme
und nehmen auch heute noch an Masse zu.
In den Zentren der Galaxien sitzen gewaltige Schwarze Löcher. Die größten
unter ihnen vereinen die Massen bis zu einigen hundert Millionen Sonnen in einem
relativ kleinen Raumgebiet. Entstanden sind sie schon in einer sehr frühen Phase
des Universums. In nur wenigen hundert Millionen bis zu einer Milliarde Jahren
wuchsen sie in den Zentren der noch jungen Galaxien rasch heran.
Aber Völlerei hat ihren Preis. Aus kosmischer Sicht verbrauchten die meisten die
Nahrungsvorräte in ihrer Umgebung ziemlich rasch. Seit nun mehreren Milliarden
Jahren müssen sie nun dafür eine strenge Diät einhalten und hungern. Ihre
kleineren Verwandten mit nur 10 bis 100 Millionen Sonnenmassen begnügen sich
dagegen mit kleineren Portionen und wachsen immer noch weiter.
"Die Daten zeigen, dass einige supermassereichen Schwarzen Löcher alles
verschlingen, während andere es vorziehen, zu grasen", erklärte Amy Barger von
der University of Wisconsin und University of Hawaii. Mit sechs
weiteren Kollegen veröffentlichte sie die Ergebnisse in der Fachzeitschrift
Astronomical Journal.
Wie sie herausfanden, gibt es wohl eine enge Beziehung
zwischen der Sternentstehungsrate in einer Galaxie und dem Wachstum des
zentralen Schwarzen Lochs. "Während in diesen Galaxien Sterne entstehen,
verliert diese Material an das Schwarze Loch. Welcher Mechanismus die
Sternentstehung steuert, er bestimmt auch das Wachstum der Schwarzen Löcher",
erklärt Barger.
Möglich wurde die Studie durch die Analyse der detailliertesten Röntgenbilder
des nördlichen und südlichen Chandra Deep Fields und aus einem
Himmelsbereich, der das Lockman-Loch genannt wird. Letzteres wurde nach dem
Astronomen Felix Lockman benannt, der herausfand, dass in diesem Gebiet
Hunderte weit entfernter Röntgenquellen zu finden sind. Die beobachteten
Schwarzen Löcher sind zwischen einer und zwölf Milliarden Lichtjahren entfernt.
"Leichtere" Schwarze Löcher mit weniger als 100 Millionen Sonnenmassen verbergen
sich hinter großen Gas- und Staubmassen. Deshalb sind sie im sichtbaren
Spektralbereich nicht zu finden, erst die energiereiche Röntgenstrahlung
durchdringt diese Wolken. Aber je größer die Schwarzen Löcher sind, desto
weniger Gas und Staub findet sich in ihrer Nachbarschaft. Möglicherweise sorgt
die bei massereichen Löchern immer stärker werdende Strahlung dafür, dass die
Umgebung der Löcher von weiterem Material frei geblasen wird.
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