Weder Stern
noch Brauner Zwerg
von Stefan
Deiters
astronews.com
7. Oktober 2004
Astronomen
haben mit dem Gemini Nord und dem Keck II-Teleskop ein äußerst merkwürdiges
stellares Objekt aufgespürt: Bei dem beobachteten Doppelsternsystem hat einer
der beiden Partner so viel Materie verloren, dass nur noch ein Rest
übrig ist, der keinem bekannten Sternentyp ähnelt. Die Astronomen sprechen von
einer neuen Klasse von stellaren Objekten.
So könnte das Doppelsternsystem EF Eridanus heute aussehen. Bild:
Jon Lomberg / Gemini Observatory |
"Wie in der klassischen Erzählung von der aufopfernden Partnerschaft hat auch
in diesem Fall der eine Stern so viel Materie an seinen Doppelsternpartner
abgegeben, dass quasi gar nichts mehr übrig ist", erläutert Steve B. Howell, der
als Astronom am Wisconsin-Indiana-Yale-NOAO-Teleskop und am National
Optical Astronomy Observatory in Tucson, Arizona arbeitet. "Der
kannibalisierte
Partner ist aber immer noch zu massereich, um als Planet durchzugehen, seine
Zusammensetzung passt nicht zu der eines Braunen Zwerges und er hat viel zu
wenig Masse, um noch als Stern zu gelten. Man weiß wirklich nicht, wie man ein
solches Objekt klassifizieren soll."
Das Doppelstern-System, das unter dem Namen EF Eridanus bekannt ist, liegt in
rund 300 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Eridanus, der Fluss. Das System
besteht aus einem leuchtschwachen Weißen Zwergstern von etwa 60 Prozent der Masse
unserer Sonne und einem Begleiter unbekannten Typs, der nur rund fünf Prozent
der Sonnenmasse aufweist. Howell und sein Kollege Thomas E. Harrison von der
New Mexico State University haben mit Hilfe des Gemini Nord- und des Keck
II-Teleskops auf dem Mauna Kea auf Hawaii detaillierte Beobachtungen des Systems
gemacht, um hinter das Geheimnis von EF Eridanus zu kommen.
EF Eridanus ist ein Doppelsternsystem besonderer Art: Es handelt sich um
einen magnetischen kataklysmischen Veränderlichen. Diese Klasse von
Doppelsternen könnte eventuell deutlich mehr solcher "toten" stellaren Objekte
erzeugen als bislang bekannt, glauben die beiden Astronomen. "Bei gewöhnlichen
galaktischen Sternenzählungen werden diese Art von Systemen meistens nicht
berücksichtigt", so Harrison. "Das sollte man sicherlich in Zukunft anders
machen."
Beim dem Weißen Zwergstern handelt es sich um den ausgebrannten Überrest
eines sonnenähnlichen Sterns, dessen Aschenrest sich auf ein Objekt von
ungefähr Erdgröße konzentriert. Der glühende Sternenrest leuchtet immer noch im
sichtbaren Bereich des Lichtes, trotzdem haben aber Howell und Harrison das
Objekt im Infrarot-Bereich beobachtet, um mehr über den Begleiter des Weißen
Zwerges zu erfahren.
Das war allerdings alles andere als einfach: Der Weiße Zwerg verfügt über
ein Magnetfeld, das etwa 14 Millionen Mal stärker ist als das unserer Sonne
und die in dieser Umgebung entstehende Zyklotronstrahlung störte die Beobachtung
erheblich. Doch trotz dieser Schwierigkeiten gelang es den Forschern hinter das
Geheimnis von EF Eridani zu kommen: Die Partner haben eine Orbitperiode von 81
Minuten. Vor vielleicht fünf Milliarden Jahren hingegen, als der eine Partner
begann, Materie von seinem Begleiter abzuziehen, dürfte sie allerdings deutlich
länger gewesen sein.
"Wann genau der Massentransfer auf den Weißen Zwerg begann
und warum er plötzlich aufhörte, ist noch ein Rätsel", so Howell. Vermutlich kam
es aber im Verlauf dieses Prozesses immer wieder zu kleinen Nova-Explosionen und
die beiden Sterne kamen sich immer näher. Heute haben sie in
etwa eine Entfernung wie Erde und Mond und von dem Begleiter des Weißen Zwerges
dürfte in etwa ein Objekt vom Durchmesser des Jupiter übrig geblieben sein.
Ursprünglich, so die Vermutung der Forscher, hatte der kannibalisierte Stern
einmal eine Masse ähnlich der unserer Sonne.
Doch der Überrest gibt den Astronomen nach wie vor Rätsel auf: Mit Hilfe von
Spektren ließ sich zeigen, dass die Zusammensetzung des Objekts nicht der eines
Braunen Zwerges oder eines Planeten entspricht. Es muss sich vielmehr um ein
sehr kühles Objekt handeln, das etwa die Temperatur eines kühlen Braunen Zwergs
aufweist. Dass es sich um einen "Super-Planeten" handelt, der die Entwicklung
des Partners zum Weißen Zwergstern überlebt hat, halten die Forscher für
unwahrscheinlich. Aus der Untersuchung von weiteren ähnlichen
Doppelsternsystemen erhoffen sich die Astronomen nun weitere Erkenntnisse über die
Natur dieses ungewöhnlichen Objektes.
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