Die
Chinesische Mauer aus dem All
von Stefan
Deiters
astronews.com
18. Mai 2004 (siehe Korrektur vom 20. Mai
2004)
Als
der erste Taikonaut Yang Liwei im Oktober letzten Jahres zur Erde
zurückkehrte war in China die Freude groß. Nur eines trübte den Jubel:
Die Chinesische Mauer, so teilte Chinas erster Mann im All mit, hätte er
nicht sehen können. Doch andere machen den
enttäuschten Chinesen Mut: Vielleicht hatte Liwei nur Pech
mit dem Wetter gehabt. Der ESA-Satellit Proba lieferte jetzt
Aufnahmen des Weltwunders aus dem All.
Probas Blick auf die Chinesische Mauer (oben rechts). Der im
linken unteren Bildbereich sichtbare Wasserlauf ist der Da Yunhe
oder Große Kanal. Foto: ESA [Großansicht] |
Der erste 21 Stunden dauernde Flug eines Chinesen im All (astronews.com
berichtete) sorgte in China für erhebliche Diskussion. Doch nicht das Ereignis
an sich war Ursache der hitzigen Debatte, sondern ein Kommentar des ersten
Taikonauten nach seiner Rückkehr auf die Erde: "Die Erde sieht wunderschön aus
vom Weltraum, doch die Chinesische Mauer habe ich nicht gesehen", so Yang Liwei
im Oktober letzten Jahres.
Dabei hielt man in China bislang - und nicht nur
dort - das Nationalsymbol des Landes für das einzige Bauwerk, das man aus dem
All sehen kann. Nach dem Kommentar des Taikonauten wurden daher sogar
vorgeschlagen, den 7.240 Kilometer langen Bau nachts anzustrahlen, um die Mauer
sichtbar zu machen. Andere setzten sich dafür ein, die Schulbücher
umzuschreiben, damit sie dem neuen Kenntnisstand entsprechen.
Doch das wäre vielleicht verfrüht: Der amerikanische Astronaut Eugene Cernan
erklärte unlängst in Singapur: "Aus einem Orbit mit einer Höhe von 160 bis 320
Kilometern kann man die Chinesische Mauer in der Tat mit bloßem Auge sehen."
Vielleicht, so die Vermutung, hätte Liwei einfach nur Pech mit dem Wetter gehabt
und hat den Stolz der Chinesen schlicht übersehen.
Für Satelliten ist das Aufspüren der Chinesischen Mauer überhaupt kein Problem:
Das zeigte unlängst wieder der ESA-Satellit Proba, der die Erde in einer
Höhe von 600 Kilometern umkreist. Mit seiner Schwarz-Weiß-Kamera, die dem
menschlichen Auge weit überlegen ist, lieferte der Satellit jetzt eine
eindrucksvolle Aufnahme eines Teilstücks der Chinesischen Mauer. Proba (Project
for On Board Autonomy) ist ein Mikrosatellit der ESA, der im Oktober 2001
gestartet wurde. Er diente ursprünglich dazu, neue Technologien zu testen, wird
aber seit Ende der eigentlichen Mission als Erderkundungssatellit eingesetzt und
versorgt die Wissenschaft mit detaillierten Bildern aus dem All.
Korrektur: Auf dem Bild ist nicht die Chinesische Mauer zu sehen, sondern
ein Flusslauf, siehe Artikel vom 20. Mai 2004.
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