Die Leoniden
kommen - vielleicht doppelt
von
Hans Zekl
für
astronews.com
7. November 2003, aktualisiert am 13. November 2003
Alljährlich
erreicht der Sternschnuppenschauer der Leoniden um den 17. November herum sein
Maximum. Glaubt man den Vorhersagen der Astronomen, dürfte es in diesem Jahr
anders sein: 2003 könnte es zwei Maxima geben. Doch sicher wird man es erst Ende
November wissen, da die Leoniden immer für eine Überraschung gut sind.
In den kommenden Wochen durchläuft die Erde Staubwolken auf der
Bahn des Kometen Tempel-Tuttle. Bild: ESA |
In den letzten Jahren seit 1998 waren die Sternschnuppen der Leoniden immer etwas ganz
Besonderes. Normalerweise ist ihr Maximum kaum auffällig: Mit etwa 10 bis 20
Meteoren ist es eigentlich nicht bemerkenswert. Doch in den Jahren vor und nach
der Wiederkehr des Mutterkometen Tempel-Tuttle, der in etwa 33 Jahren um die
Sonne läuft, kann es zu einer verstärkten Aktivität kommen. Berühmt sind die
Maxima aus den Jahren 1799, 1833, 1866 und 1966, in denen die Leoniden
außerordentlich starke Maxima hervorbrachten, bei denen mehrere tausend von ihnen
pro Stunde am Nachthimmel zu sehen waren.
1998 kehrte der Komet wieder zurück. Seitdem erreichten die Maxima der
Leoniden wieder sehr hohe Werte. 1999, 2001 und 2002 kam es dann zu
Meteorstürmen mit rund 2000 bis 4000 Sternschnuppen pro Stunde (astronews.com
berichtete). Doch die Leoniden sind immer gut für Überraschungen. 1998 war das
eigentlich
vorausberechnete
Maximum schwach. Doch 20 Stunden zuvor kam es zu einem unerwarteten Ausbruch mit
vielen sehr hellen Sternschnuppen, so genannten Feuerbällen oder Boliden.
Sternschnuppen oder Meteore bestehen aus den Staubteilchen von Kometen, die
diese bei ihrem Vorbeiflug an der Sonne verlieren. Durch die intensive
Sonneneinstrahlung erhitzt sich die Kometenoberfläche und das Eis, aus dem sie
hauptsächlich besteht, verdampft. Dabei werden die Staubteilchen mitgerissen,
die dann wie beim Kometen Hale-Bopp als gelblich-rötlicher Staubschweif bei dem
Kometen zu sehen sind. Bei jedem Vorbeiflug an der Sonne wird ein neuer Schweif
gebildet. Diese können mehrere Kometenumläufe bestehen bleiben, wobei sie in der
Nähe der Kometenbahn bleiben. Allerdings werden sie mit der Zeit immer mehr in
die Länge gezogen. Außerdem können sie durch die Anziehungskraft der großen
Planeten gestört werden. Kreuzt ein solcher Schweif die Erdbahn, kommt es zu
starken Sternschnuppenmaxima.
"Jedes Jahr wandert die Erde durch diese Trümmerzone" erklärt der Bill Cooke,
Astronom bei der NASA. "Es ist wie ein Minenfeld. Manchmal treffen wir den
Staubschweif, manchmal nicht. Direkte Treffer können Meteorstürme auslösen, d.h.
es sind mehr als 1000 Sternschnuppen pro Stunde zu sehen. Das geschah z.B. 1966
und 2001. Das waren großartige Jahre für die Leoniden. Diesmal streifen wir zwei der Schweife, keine direkten Treffer", bemerkt er.
"Dennoch könnten wir ein schönes Schauspiel zu sehen bekommen".
Das erste Maximum wird am 13. November gegen 18.17 Uhr MEZ erwartet. Das ist
vier Tage
früher als üblich. Für etwa 3 Stunden befindet sich die Erde an einem
Staubschweif aus dem Jahr 1499. Die Modellrechnungen sagen etwa 120 bis 250
Leoniden pro Stunde voraus, doch sind diese Werte recht unsicher, da die
Störeinflüsse des Planeten Jupiter nicht genau bekannt sind.
In Mitteleuropa ist dieses Maximum nicht zu sehen, da der Radiant, der
scheinbare Ausstrahlungspunkt der Leoniden, erst gegen Mitternacht aufgeht. Dort
wo es zu sehen ist, stört der helle Mond die Beobachtung. Vollmond war gerade
vier Tage zuvor.
Das zweite und wahrscheinlich eindrucksvollere Maximum findet am 19. November
statt, wenn sich die Erde bei einem Staubschweif aus dem Jahr 1533 befindet.
Dieses Maximum soll um 08.28 Uhr MEZ stattfinden. Zu diesem Zeitpunkt ist in Europa
die Sonne schon aufgegangen. Allerdings trägt eine weitere Komponente zu diesem
Maximum bei, die aus mehreren Staubschweifen besteht, die nicht mehr von
einander zu unterscheiden sind, das so genannte Filament, das 1994 zum ersten Mal
beobachtet wurde. Dessen Maximum liegt gegen 06.30 Uhr MEZ. Allerdings kann
dieses Maximum auch bis zu 18 Stunden früher auftreten, wie 1994 und 1998
geschehen. Insgesamt werden etwa 100 bis 150 Leoniden pro Stunde erwartet.
Dieses Maximum ist sehr breit und enthält eine größere Zahl sehr heller
Sternschnuppen, die in den Nächten zum 18., 19. und 20. November zu sehen sein
sollten. Auch wird der Mond an diesen Tagen nicht stören.
Beobachten kann man die Leoniden etwa ab Mitternacht, wenn das Sternbild Löwe
(siehe zum Beispiel astronews.com Sternkarte im Sternenhimmel),
aus dem sie erscheinen, im Osten aufgeht. Anfangs können die Sternschnuppen
Bahnen ziehen, die fast über den ganzen Himmel gehen. Je höher der Radiant in
den folgenden Stunden aufsteigt, desto kürzer werden die die Leuchtspuren der
Sternschnuppen werden.
Der Finne Esko Lyytinen hat kürzlich seine Prognose teilweise korrigiert. Danach
kommt am 19. November gegen 17:50 MEZ zu einem weiteren Maximum durch den
Schweif aus dem Jahr 1733 mit einer maximalen Rate von 70 Leoniden pro Stunde.
Da das Maximum nur etwa 2 Stunden breit ist, sind wieder Beobachter im
pazifischen und ostasiatischen Raum bevorzugt. Ein weiteres sekundäres Maximum
durch diesen Staubschweif wird auch für den 20. November, 04:30 MEZ, erwartet,
doch liegt die Rate mit zehn Meteoren kaum über dem normalen Maximum. Lyytinen
weist allerdings darauf hin, dass die Teilchensorte, die dieses Maximum
hervorrufen wird, in den Jahren 1999 und 2001 für stärkere Spitzen sorgte, als
die Modelle vorhergesagt hatten.
Auch wenn die Leoniden dieses Jahr wohl kaum zur Sturmstärke auflaufen, kann es
bei ihnen dennoch zu großen Überraschungen kommen. Warten wir es also ab.
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