Weltraumkraftwerke und Biomimikry
Redaktion
astronews.com
24. Oktober 2003
Mit dem
Programm Ariadna will die europäische Weltraumorganisation ESA gezielt
die Forschung zu futuristischen Konzepten fördern, die helfen könnten, die
Raumfahrt zu revolutionieren. Zu den die ESA interessierenden Bereichen gehören
fortschrittliche Antriebstechnologien, Solarkraftwerke im All sowie das gezielte
Nachahmen der Natur, so genanntes Biomimikry.
Biomimikry (oben) und solare Kraftwerke im All (unten): Zwei
Bereiche in den das Programm Ariadna Forschungsvorhaben fördern
soll. Bilder: ESA
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Werden künftige Sonden zur Bestimmung ihrer Position im interplanetaren Raum die
Signale toter Sterne als astronomische Uhren benutzen können?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass künstliche Muskeln aus elektroaktiven
Polymeren mechanische Teile in Raumfahrzeugen ersetzen werden?
Sind interstellare Bahnen denkbar, auf denen Raumfahrzeuge dereinst unter
Nutzung des Schwerkraftgefälles zwischen benachbarten Sternen durch unsere
Galaxis reisen werden? Dies sind nur einige der phantasiereichen, futuristischen
Ideen, die auf den von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) im Rahmen
einer neuen Initiative namens Ariadna veranstalteten ersten Aufruf zu Vorschlägen hin untersucht
werden sollen.
Unter der Leitung eines Teams für Fortschrittliche Konzepte (ACT) des ESA-Büros
für Zukunftsforschung soll Ariadna die besehenden Verbindungen zwischen der
ESA und der europäischen Hochschulforschung verstärken.
Die Initiative soll nicht nur mehr Gelegenheiten für Zusammenarbeit und
Informationsaustausch zwischen der ESA, Hochschulen und Forschungsinstituten
schaffen, sondern auch die ESA in die Lage versetzen, sich stärker als bisher an
bahnbrechender Forschung zu beteiligen und damit eher die Rolle eines
gleichberechtigten Partners als eines reinen Beobachters zu spielen. "Im Team für Fortschrittliche Konzepte wollen wir uns auf das konzentrieren, was
uns am meisten interessiert, nämlich herauszufinden, welche Forschung an den
Universitäten durchgeführt wird, und selbst daran teilzunehmen", sagt Andrés Gálvez, der Leiter des ACT im Europäischen Zentrum für Weltraumforschung und
-technologie (ESTEC) in den Niederlanden. "Am leichtesten lässt sich dies erreichen, indem man in Bereichen von gemeinsamem
Interesse zusammenarbeitet", erläutert er. "Dabei wird uns Ariadna helfen,
zwischen der ESA und den Hochschulen den freien Fluss von innovativen Ideen und
Informationen in Gang zu bringen und aufrechtzuerhalten."
Ariadna ist für kurze, kostengünstige Studien bestimmt, die den Anstoß zu
radikal neuen Weltraumtechnologien geben sollen. Das Hauptinteresse gilt
den Bereichen Grundlagenphysik, also der theoretischen Forschung zu
grundlegenden physikalischen Phänomenen und Bestimmung ihrer technologischen
Auswirkungen auf Gebiete wie Gravitationsphysik und Quantenmechanik und fortschrittliche Energieversorgung,
womit Forschungsvorhaben, die sich über
photovoltaische Systeme (Sonnenzellen) hinaus mit Energieversorgungssystemen für
künftige Weltraummissionen befassen, gemeint sind. Hierzu gehören unter anderem
Untersuchungen zur Erzeugung von Energie im Weltraum und ihrer Weiterleitung zur
Erde, etwa durch satellitengestützte Solarkraftwerke.
Weitere Schwerpunkte sollen fortschrittliche Antriebe sein, also die Forschung
zu innovativen Antriebssystemen für Raumfahrzeuge und nichtkonventionellen
Systemen für den Zugang zur Umlaufbahn, sowie Missionsanalyse und -entwurf,
das heißt, die Entwicklung von Flugbahnentwurfsstrategien und -werkzeugen sowie
neuartigen Missions- und Systemkonzepten, die die Flugbahnen für Reisen durch
das Sonnensystem revolutionieren könnten. Zudem sollen Arbeiten in den Bereichen
Mathematik und Informatik mit Forschung zu zukunftsweisenden Computersystemen
und Rechenwerkzeugen mit Schwerpunkt auf Verbesserungen des Missionsentwurfs,
der Leistungen und der Ausbeute und effizienteren Arbeitsmethoden gefördert
werden.
Ein letzter Schwerpunkt lässt sich unter dem Begriff "Biomimikry"
zusammenfassen. Darunter versteht man die Entwicklung von Methoden und Lösungen für weltraumtechnische
Probleme durch Nachahmung von Pflanzen und Tieren. Diese biologisch inspirierte
Forschung erstreckt sich auf Verhaltensmuster, Bauweisen und Werkstoffe,
Mechanismen und Verfahren, Sensoren und Kommunikation, Überlebens- und
Anpassungsfähigkeit.
Zur Vereinfachung des Verfahrens sollen nur Studien dreierlei Art durchgeführt
werden: Kurze Studien von bis zu zwei Monaten Dauer mit einer Ausgabenhöchstgrenze
von 15.000 Euro, mittellange Studien von bis zu 4 Monaten Dauer mit einer Höchstgrenze von 25.000 Euro
sowie erweiterte Studien von bis zu 6 Monaten Dauer mit einer Höchstgrenze von 35.000 Euro.
Ein neuer Aufruf zu Vorschlägen ist etwa alle sechs Monate geplant, worauf an
Forschungsinstitute und Hochschuleinrichtungen Aufträge für Arbeiten mit
unmittelbarem Bezug zu den Zielen des ACT vergeben werden.
Ariadna wurde nach der Tochter des kretischen Königs Minos benannt, die nach
der griechischen Mythologie Theseus ein Garnknäuel gab, das ihm half, den Weg
aus dem Labyrinth zu finden, nachdem er das Ungeheuer Minotaurus erschlagen
hatte.
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