SUPERNOVAE
Die Folgen
der Asymmetrie
von
Hans Zekl
für
astronews.com
25. August 2003
Supernova-Explosionen sind so hell, dass sie auch in weit entfernten Galaxien zu
sehen sind. Deswegen werden sie gerne zur Entfernungsbestimmung verwendet. Jetzt
konnte ein internationales Astronomenteam zeigen, dass die so gemessenen
Entfernungen mit einem bislang nicht bekannten Fehler behaftet sind.
Berücksichtigt man diesen jedoch bei der Messung, kann man die Entfernung
genauer als je zuvor bestimmen.
Spiralgalaxie NGC 1448 und SN 2001el. Foto:
ESO |
In einem alten Popsong von Joni Mitchell heißt es "We are stardust…" – Wir sind
Sternenstaub. Tatsächlich erkannten die Astronomen in den letzten Jahrzehnten,
dass wir alle aus den Überresten längst vergangener Sterne bestehen. Als vor
etwa 14 Milliarden Jahren das Universum entstand, gab es anfangs keine schweren
Elemente. Fast die gesamte Materie bestand aus den beiden leichtesten Elementen
Wasserstoff und Helium. Es gab keinen Kohlenstoff, Sauerstoff oder Eisen. Diese
wurden von den ersten Sterngenerationen tief in ihrem Inneren durch die
Verschmelzung leichterer Atomkerne erzeugt. In gewaltigen Explosionen –
Supernova-Explosionen – wurden die neuen Atome schließlich in das Weltall
geschleudert. Daraus entstanden später die Sterne und Planeten, die wir heute
kennen, und somit auch wir.
Supernovae waren und sind somit für die Entwicklung des Universums von großer
Bedeutung. Die Astronomen unterscheiden zwei Grundtypen von Supernovae. Die eine
Gruppe wird von massereichen Sternen gebildet, die am Ende ihres Lebens allen
nuklearen Brennstoff in ihrem Inneren verbraucht haben. Solange das atomare
Feuer im Zentrum des Sterns brennt, kann der Druck, der durch die gewaltige
Hitze von mehreren Milliarden Grad entsteht, dem Gewicht der über dem Kern des
Sterns liegenden Materie Widerstand leisten. Ist aber der Brennstoff verbraucht,
bricht das Sternzentrum innerhalb von Sekunden unter dem Gewicht der darüber
liegenden Materie zusammen. Der Kern wird dabei extrem verdichtet und heizt sich
noch weiter auf. Schließlich "zerbrechen" dabei die Atomkerne und durch noch nicht
vollständig verstandene Prozesse, wird ein Großteil des Sterns ins All
geschleudert. Zurück bleibt ein schnell rotierender Neutronenstern oder ein
Schwarze Loch.
Bei der zweiten Gruppe existiert vor der Explosion ein massearmer alter Stern,
der ebenfalls seinen Brennstoffvorrat verbraucht hat. Er endete als Weißer
Zwerg - also als ein Stern mit etwa der Masse der Sonne, der auf die Größe der Erde
zusammengepresst ist. Befindet sich aber der Stern in einem Doppelsternsystem,
kann Gas von dem anderen Objekt auf den Weißen Zwerg strömen, falls der Abstand
klein genug ist. Langsam wächst dadurch die Masse des Weißen Zwergs an. Sobald
ein kritischer Wert überschritten wird, bricht auch er unter dem Gewicht der
Hülle zusammen. In diesem Moment zündet wieder die nukleare Verbrennung.
Allerdings gerät sie sofort außer Kontrolle und der Stern wird in einer
gewaltigen Supernovaexplosion vollständig zerrissen.
Für die Astronomen sind diese Supernovae vom Typ Ia besonders interessant, weil
sie alle die gleiche absolute Helligkeit haben, d.h. aus derselben Entfernung
erscheinen sie alle gleich hell. Damit sind sie ideale "Standardkerzen", um
Entfernungen im Weltall zu messen. Je schwächer die Supernova erscheint, umso
weiter weg ist sie. Eine Supernova leuchtet so hell auf, dass man sie noch über
Entfernungen von Hunderten von Millionen Lichtjahren sehen kann. Im Maximum
leuchten sie so stark, dass sie das Licht ihrer Galaxie überstrahlen.
In den letzten Jahren ergaben die Beobachtungen an Supernovae, dass das
Universum sich offensichtlich immer schneller ausdehnt. Theoretiker sehen dies
als Hinweis auf die Existenz einer Dunklen Energie an, die sich in einigen
theoretischen Modellen des Universums als beschleunigende Kraft bemerkbar
macht.
Allerdings fand nun ein internationales Astronomenteam um Lifan Wang vom
Lawrence Berkeley National Laboratory heraus, dass die Standardkerzen doch nicht
immer die gleiche Helligkeit haben. Ihre Messungen am Very Large Telescope (VLT)
der europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile, zeigen zum ersten Mal
eindeutig, dass die Sternexplosion asymmetrisch, nicht kugelförmig, erfolgt.
Damit hängt die scheinbare Helligkeit aber vom Blickwinkel ab, unter dem die
Explosionswolke gesehen wird. Da dieser Winkel aber nicht bekannt ist, sind die
gemessenen Entfernungen mit einer gewissen Unsicherheit behaftet.
Um die Asymmetrie zu messen, griffen die Wissenschaftler zu einem Trick: Sie
bestimmten die Polarisation des Lichts. Licht besteht aus
elektromagnetischen Wellen, die in jeder beliebigen Richtung schwingen. Wenn
aber Licht reflektiert oder gestreut wird, werden bestimmte Orientierungen
bevorzugt. Dadurch können polarisierende Sonnenbrillen helle Reflexe auf
Wasseroberflächen wegfiltern. Das Licht, das eine Explosionswolke
durchläuft,
enthält somit Informationen über die Orientierung der streuenden Materie. In
einer kugelförmigen Explosionswolke mitteln sich diese wieder weg. Ist die
Wolke aber unsymmetrisch, zeigt das Licht einen gewissen Polarisationsgrad.
Im September 2001 leuchtete die Supernova SN 2001el in der 60 Millionen
Lichtjahre entfernten Galaxie NGC 1448 auf. Etwa eine Woche bevor die Supernova
ihre größte Helligkeit erreichte, konnte eindeutig eine schwache Polarisation
des Lichts gemessen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die kleine Achse der
Explosionswolke 10% kürzer ist als die große. Etwa eine Woche nach dem Maximum
konnte dagegen keine Polarisation mehr gemessen werden. Anfangs, wenn sich das
Gas mit rund 10.000 Kilometer pro Sekunde vom Zentrum der Explosion entfernt, ist die Wolke noch
ziemlich kompakt, undurchsichtig und asymmetrisch. Später werden die äußeren
Schichten dünner und durchsichtig und man blickt auf weiter innen liegende
Bereiche der Explosion, die dann offensichtlich wieder symmetrischer –
kugelförmiger - sind.
Da bislang die Entfernung über die Maximalhelligkeit einer Supernova gemessen
wurde, zeigen diese neuen Beobachtungen, dass die absolute Helligkeit mit einem
Fehler von etwa zehn Prozent behaftet sind, wenn man keine Korrektur für den Blickwinkel
durchführt. "Wenn alle Typ Ia Supernovae wie SN 2001el sind, würde das einen großen Teil der
Streuung der gemessenen Helligkeiten erklären. Dann können sie aber noch
einheitlicher sein als wir dachten", kommentierte Lifan Wang die Ergebnisse.
Verwendet man die Helligkeit etwa ein bis zwei Wochen nach dem Maximum, kommt
das Licht wieder aus einem kugelförmigen Gebiet und die Fehler durch den
unbekannten Blickwinkel verschwinden. Somit könne Typ Ia Supernovae durch eine
kleine Änderung der Beobachtungsmethode noch besser als Entfernungsmesser dienen
und Rückschlüsse auf die mysteriöse Gegenkraft der Gravitation zulassen, der
Dunklen Energie. "Das ist sehr wichtig für die nächste Generation der Supernova-Experimente, die
messen wollen, ob sich die Dunkle Energie mit der Zeit ändert", stellte Lifan
Wang fest.
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ESO,
Europäische Südsternwarte |
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