Blick ins
Zentrum von NGC 6397
von Stefan
Deiters
astronews.com
12. August 2003
In diesem
Monat blickt das Team des Hubble Heritage-Projektes ins dichte Zentrum
des Kugelsternhaufens NGC 6397. Der 8.200 Lichtjahre entfernte Sternhaufen im
Sternbild Altar beherbergt manche exotischen Objekte, die in der dichtgedrängten
Umgebung im Zentrum des Haufens entstehen.

Hubbles Blick auf NGC 6397. Foto:
NASA und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA) [Großansicht] |
In den Zentren von Kugelsternhaufen ist die Entfernung zwischen den einzelnen
Sternen vergleichsweise gering: Die so genannte stellare Dichte, also die Anzahl
der Sterne pro Volumen, ist rund eine Millionen Mal größer als in der Umgebung
unserer Sonne. Die nächsten Sterne sind nicht wie in unserer Nachbarschaft
Lichtjahre voneinander entfernt, sondern lediglich wenige Lichtwochen.
Die Sterne in NGC 6397 sind in ständiger Bewegung und wegen der hohen Dichte
ist es unvermeidlich, dass sich manche Sterne auch sehr nahe kommen oder gar
kollidieren. Auch wenn es vielleicht nur eine wirkliche Kollision zwischen zwei
Sternen alle paar Millionen Jahre gibt, so sind das doch - auf das Alter des
Kugelsternhaufens von 14 Milliarden Jahren hochgerechnet - insgesamt einige
Tausend.
Das Bild, das das Hubble Heritage Team für August ausgewählt hat,
stammt aus einem Projekt, bei dem nach den Überresten solcher Kollisionen oder
von Beinahe-Zusammenstößen gesucht wurde: Wenn zwei Sterne kollidieren, können
sie - so eine Theorie der Astronomen - verschmelzen und zu einem so genannten
Blue Straggler werden. Diese jungen hellen Sterne sind unter der Vielzahl
von alten Sternen in einem Kugelsternhaufen sehr auffällig. Im Zentrum der
Hubble-Aufnahme sind einige dieser jungen, blauen Sterne auszumachen.
Wenn zwei Sterne allerdings nicht kollidieren, sich aber nahe genug kommen,
können sie sich gegenseitig einfangen: Sie sind dann durch ihre gegenseitige
Anziehungskraft gebunden. Ein besonderer Fall dieser Doppelsterne sind so
genannte kataklysmische Veränderliche. Sie bestehen aus einem normalen Stern und
einem weißen Zwerg. Der Weiße Zwerg, also ein ausgebrannter Sternenrest, saugt
dabei ständig Material von dem normalen Stern ab, das sich in einer
Akkretionsscheibe um den Weißen Zwergstern ansammelt. Die Leuchtkraft dieser
System ändert sich durch die beschriebenen Vorgänge ständig.
Um solche veränderlichen Sterne in NGC 6397 aufzuspüren, wurden über 20
Stunden insgesamt 55 Aufnahmen des Zentrums des Kugelsternhaufens gemacht und
die Helligkeit der Sterne verglichen. Auf diese Weise haben die Astronomen
diverse kataklysmische Veränderliche entdeckt, die auf dem Bild als schwach
leuchtende blaue oder violette Sterne zu sehen sind. Die Forscher spürten auch
weitere exotische Sterne auf, wie etwa schwach bläulich leuchtende Sterne direkt
im Zentrum - in der Aufnahme türkis - die aber keinerlei Helligkeitsänderungen
zeigen. Vermutlich handelt es sich dabei um sehr massearme Weiße Zwerge, die
sich im Zentrum eines Riesensterns gebildet haben, dessen Entwicklung durch ein
anderes Ereignis - wie etwa eine dichte Begegnung mit einem anderen Stern -
gestört wurde.
Doch auch eine ganze Reihe von normalen Weißen Zwergen finden sich in der
Hubble-Aufnahme - und zwar überall im Haufen. Rund 100 dieser Sternenreste
konnten die Astronomen auf der Aufnahme ausmachen. Sie erscheinen alle als
schwach bläulich leuchtende Sterne.
|