Astronomen
entdecken Wasser-Megamaser
Redaktion
astronews.com
22. Juli 2003
Astronomen des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn entdeckten
mit Hilfe des Effelsberger 100-Meter-Radioteleskop den bisher am weitesten
entfernten Megamaser in der Galaxie 3C403. Jetzt hoffen die Forscher
darauf, durch die Zusammenschaltung mehrerer Radioteleskope auch mehr über
das zentrale Schwarze Loch und seine Umgebung zu erfahren.
Radiogalaxie 3C403, aufgenommen mit den Very
Large Array Telescope, New Mexico bei einer Wellenlänge von 3,6
cm. Rechts die Farbkodierung für die Intensität in Jansky (Jy).
Der rote Pfeil zeigt den Galaxienkern. Dessen Spektrum (Bild
unter) wurde mit dem Radioteleskop Effelsberg gemessen.
Aufgetragen sind Flussdichte gegen Geschwindigkeit. Der grüne
Pfeil im Spektrum zeigt die Systemgeschwindigkeit der Galaxie.
Bilder: National Radio Astronomy Observatory/Rick Perley
(NRAO/AUI/NSF)
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In der Radiogalaxie 3C403 wurde eine Quelle entdeckt, bei der die Intensität
der Strahlung einer einzigen Spektrallinie tausendfach stärker ist als die der
Sonne im gesamten Spektralbereich. Die intensive Strahlung eines
Wasserdampf-Masers hat ihren Ursprung in der direkten Nachbarschaft eines
Schwarzen Lochs. Andrea Tarchi und Marco Chiaberge vom Istituto di
Radioastronomia (IRA) in Bologna sowie Christian Henkel and Karl Menten vom
Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn beobachteten zum ersten
Mal eine solche Emission in einer "klassischen" Radiogalaxie, bei der ein
Schwarzes Loch von vielen Millionen Sonnenmassen Energie bis in eine Entfernung
von mehr als 100 000 Lichtjahren aussendet. Dieser Wasser-Megamaser ist etwa 750
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.
Die Radioastronomie ermöglicht es, Bereiche des Weltalls zu erfassen, die der
optischen Astronomie nicht zugänglich sind. Dazu gehören kosmische Maser (Microwave
Amplification by Stimulated Emission of Radiation) dem Laser vergleichbare
Verstärker von Radiowellen. Als Megamaser bezeichnen die Astronomen in anderen
Galaxien gefundene extrem starke Maser mit einer Leuchtkraft, die hundert- bis
mehrere tausendfach stärker ist als die der Sonne. So angeregter Wasserdampf (H2O)
strahlt als Maser bei 1,3 cm Wellenlänge in Form einer einzigen, besonders
intensiven Spektrallinie und liefert Informationen über Struktur und Dynamik
seiner Umgebung.
Christian Henkel und seine Mitarbeiter, darunter vor allem Andrea Tarchi,
haben mehrere Megamaser entdeckt, die meisten davon in aktiven Galaxien. Dabei
hatten sie auch solche Galaxien beobachtet, die sehr intensive Radiostrahlung
aussenden und in denen bisher keine Megamaser gefunden wurden. Erstmals konnten
die Wissenschaftler jetzt in der x-förmigen Galaxie 3C403, die zu diesen
"radiolauten" Galaxien gehört, eine solche Strahlungsquelle aufspüren. Sie
enthält gleichzeitig den am weitesten entfernten Megamaser, der bisher entdeckt
wurde. Er befindet sich etwa 750 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und
bewegt sich auf Grund der Ausdehnung des Universums mit 17.000 Kilometern pro
Sekunde von der Milchstraße weg.
Zwar unterscheiden sich "radiolaute" und "radioleise" aktive Galaxien in
ihren Eigenschaften. Die Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass die
physikalischen Prozesse in der Umgebung der Schwarzen Löcher ähnlich ablaufen.
Die Masse der Schwarzen Löcher kann das Milliardenfache der Masse der Sonne
betragen. Sie sind von einer Akkretionsscheibe oder einem Torus aus Staub und
Molekülen umgeben. Doch ist es bis heute nicht möglich, Molekülstrahlung aus
diesen zentralen Bereichen nachzuweisen. Das liegt vermutlich daran, dass diese
Gebiete sehr kompakt sind und nur wenig normale Radiostrahlung aussenden. In
Masern dagegen wird die Strahlung verstärkt und kann auf diese Weise auch noch
in großer Entfernung gemessen werden. Daher bieten heute Maser die einzige
Möglichkeit, die Akkretionsscheiben um Schwarze Löcher zu beobachten.
Die beobachtete Geschwindigkeitsverteilung des Wasserdampfes entspricht den
Erwartungen für eine scheibenförmige rotierende Materieverteilung um den
Galaxienkern. Endgültige Gewissheit darüber können erst VLBI (Very Long
Baseline Interferometrie)-Messungen geben, bei denen weltweit Radioteleskope
zusammengeschaltet werden. Da die Strahlungsintensität sehr gering ist, sind
solche Messungen derzeit noch schwer durchzuführen. Anderseits schwankt die
Maserstrahlung stark, so dass diese bei einem "Strahlungsausbruch" auch heute
schon durch VLBI nachgewiesen werden könnte. Eine solche Untersuchung würde
wertvolle Informationen über das "Monster" im Zentrum der Galaxie liefern. "Mit
der Entdeckung dieses Masers sind wir eine Runde weiter," sagt Karl Menten,
"jetzt müssen wir nur dran bleiben und so lange weiter beobachten, bis die
Intensität für VLBI-Beobachtungen ausreicht. Dann schnappen wir es uns."
Diese Entdeckung hat unter Radioastronomen die Suche nach weiteren Megamasern
neu angefacht. Wegen seiner großen Sammelfläche und der daraus resultierenden
hohen Empfindlichkeit spielt das 100-Meter-Radioteleskop des
Max-Planck-Instituts für Radioastronomie eine zentrale Rolle. Messungen dieser
Art erfordern lange Beobachtungszeiten, denn die auf der Erde ankommende
Strahlung ist sehr schwach und im Suchprogramm müssen viele Galaxien erfasst
werden. Zudem kann die gemessene Strahlung stark variieren; oft sind also
mehrfache Beobachtungen der gleichen Galaxie erforderlich. Hierbei hat sich nun
die Hartnäckigkeit von Christian Henkel ausgezahlt, der die langfristige
Beobachtungskampagne am Max-Planck-Institut für Radioastronomie bei der Suche
nach extragalaktischen Wassermasern leitet. Denn jetzt wurde nicht nur der
bisher am weitesten entfernte Wassermaser aufgespürt. "Soviel Wasser habe ich in
meinem ganzen Leben noch nicht auf einmal gesehen," ist sein Fazit. Bis zum
heutigen Tag sind 31 solcher H2O Megamaser-Galaxien entdeckt worden,
davon mehr als die Hälfte mit dem 100-Meter-Radioteleskop in Effelsberg.
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