KOSMOLOGIE
Unheimliches
Szenario für das Ende des
Universums
von Rainer Kayser
6. März 2003
Bislang gab
es für das Ende des Universums zwei Szenarien: Entweder gibt es gar kein
wirkliches Ende und das Weltall dehnt sich immer weiter aus oder aber es kommt
zu einer Umkehr der Expansion, zum so genannten Big Crunch. Ein
amerikanischer Astronom entwickelte jetzt noch ein drittes Modell: den Big
Rip, der in 22 Milliarden Jahren jedwede Materie auseinander reißen könnte.
Galaxien im Hubble Deep Field: In 22 Milliarden Jahren von
Phantom-Energie zerrissen? Foto:
STScI / NASA |
Das Ende der Welt könnte erheblich dramatischer verlaufen, als bislang von
den Kosmologen angenommen. In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins
New Scientist beschreibt der amerikanische Astronom Robert Caldwell vom
Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, wie eine geheimnisvolle
"Phantom-Energie" das Universum in rund 22 Milliarden Jahren in einem "Big Rip"
zerreißt. Die abstoßende Kraft der Phantom-Energie wächst zum Ende des Kosmos
immer rascher an und zerfetzt zunächst Galaxienhaufen und Galaxien, dann Sterne
und Planeten und in den letzten Sekundenbruchteilen sogar Atome und Atomkerne.
Ob es allerdings tatsächlich zu einem solchen "Big Rip" kommt, hängt von den
genauen Eigenschaften der "Dunklen Energie" ab, die unser Universum dominiert
und seine Expansion beschleunigt.
"Bisher haben wir geglaubt, das Universum ende entweder in einem Kollaps -
dem Big Crunch - oder es expandiere ewig weiter, wobei sich die Materie immer
weiter verdünnt", erläutert Caldwell, "nun wissen wir, dass es eine dritte
Möglichkeit gibt." Caldwell war selbst überrascht von der enormen Wucht, die der
Phantom-Energie innewohnen kann.
Jüngste Untersuchungen der kosmischen
Hintergrundstrahlung hatten bestätigt, dass 70 Prozent der Masse und Energie des
Universums in Form einer "Dunklen Energie" vorliegt, welche die Expansion des
Kosmos beschleunigt. Was sich hinter dieser Dunklen Energie verbirgt ist bislang
unklar, eine der Möglichkeiten ist die Phantom-Energie, "ziemlich verrücktes
Zeug", so Caldwell. Im Gegensatz zu anderen Formen der Dunklen Energie nämlich
wächst die abstoßende Kraft der Phantom-Energie im Laufe der Zeit rasant an.
Die meisten Physiker und Astronomen stehen der Phantom-Energie allerdings
eher reserviert gegenüber. Zwar lässt sich ihre Existenz bislang auf der Basis
von Beobachtungen nicht ausschließen. Phantom-Energie führt aber zu
Konsequenzen, die den Wissenschaftlern wenig behagen. So könnte die
Phantom-Energie "Wurmlöcher" offen halten, winzige Brücken durch Raum und Zeit.
"Damit wären auch Zeitmaschinen mit all ihren Paradoxien möglich", so Caldwell,
"und davon sind Physiker nicht begeistert."
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