SPACE SHUTTLE
Europäische
Forschung im All
Redaktion
astronews.com
16. Januar 2003
Mit rund
einem halben Jahr Verspätung soll heute die US-Raumfähre Columbia zu einer
Forschungsmission ins All starten. In über 80 Experimenten wollen die
Astronauten dabei neue Technologien erforschen und weltraummedizinischen
Untersuchungen durchführen. Auch Europas Wissenschaftler sind dabei mit von der
Partie.
Das Modul Spacehab während einer Shuttle-Mission 1998 im
Laderaum der Raumfähre. Foto:
ESA/NASA |
Europäische Wissenschaftler werden bei der Raumtransporter-Forschungsmission
STS-107, die heute um 16.39 Uhr MEZ vom Kap Canaveral in Florida aus gestartet
werden soll, die Auswirkungen der Schwerkraft "ausschalten", um medizinische,
technische und wissenschaftliche Prozesse besser zu verstehen. Ihre
Untersuchungen gehören zu rund 80 Experimenten, die während des 16 Tage
währenden Flugs um die Erde durchgeführt werden sollen.
Sieben der insgesamt 31 Nutzlasten wurden von der ESA bereitgestellt. Die
Bordmannschaft wird in zwei Schichten rund um die Uhr mit Experimenten zur
Gesundheit und Sicherheit von Raumfahrern, zur Entwicklung neuer Technologien
und zur Gewinnung von lebenswissenschaftlichen und physikalischen Erkenntnissen
beschäftigt sein. Die Raumtransportermission ist eine Generalprobe für künftige
Versuchsreihen an Bord der Internationalen Raumstation, die gegenwärtig in der
Umlaufbahn zusammengebaut wird. Die Beteiligung der ESA an STS-107 geht auf eine
Tauschvereinbarung mit der NASA zurück.
"Im Rahmen der Tauschvereinbarung hat die ESA der NASA einen "Super
Guppy"-Airbus für den Transport großer Raumstationsbauteile in den Vereinigten
Staaten geliefert und im Gegenzug Mitfluggelegenheiten auf
NASA-Raumtransportermissionen für Forschungsnutzlasten im Gesamtumfang von 450
kg erhalten", erläutert Jörg Feustel-Büechl, der ESA-Direktor für Bemannte
Raumfahrt. Sechs der sieben ESA-Nutzlasten sind für lebenswissenschaftliche und
physikalische Experimente bestimmt: die Verbesserte
Protein-Kristallzüchtungsanlage (APCF), das Verbesserte
Atmungsüberwachungssystem (ARMS), Biobox, Biopack, die Europäische
Forschungseinrichtung zur Osteoporose im Weltraum und auf der Erde (ERISTO) und
die Anlage für Adsorptions- und Oberflächenspannungsmessungen (FAST).
Die siebte, eine Technologiedemonstration mit der Bezeichnung "Kombiniertes
Zweiphasenkreislauf-Experiment" (COM2PLEX), dient der Erprobung von drei neuen
Wärmetransfersystemen für die Temperaturregelung von Instrumenten auf
Satelliten. "STS-107 ist eine sehr wichtige Mission für Europa. Sie baut auf
unseren Erfahrungen bei Spacelab-Flügen mit dem Raumtransporter auf und wird
letztlich in längere, anspruchsvollere Forschungsvorhaben an Bord der
Raumstation münden", so Marc Heppener, Leiter der ESA-Abteilung Nutzung der
Raumstation und Förderung der Schwerelosigkeitsforschung.
Während parallel zum Zusammenbau der Internationalen Raumstation auf dieser
bereits Forschungsarbeiten durchgeführt werden, sind solche
Raumtransportermissionen bedeutungsvoll, weil sie den Wissenschaftlern und
Forschern Gelegenheit geben, grundlegende Phänomene, die in der Biologie, Physik
und Chemie eine Schlüsselrolle spielen, unter Ausschaltung der Erdanziehung zu
enträtseln. Die wissenschaftlichen Nutzlasten der ESA sind in einem
druckgeregelten Modul namens Spacehab untergebracht, das in der Ladebucht
des Raumtransporters verankert und mit dessen Mannschaftskabine durch einen
Tunnel verbunden ist. Konzept und Technologie des Spacehab stammen aus
dem Spacelab-Programm der ESA.
Europa kann auf eine lange Geschichte der Beteiligung an
Raumtransporterflügen zurückblicken, deren Schwerpunkt auf der Forschung unter
Schwerelosigkeit liegt - von den Anfängen des Spacelab bis zum heutigen
Neurolab. Der Missionsleiter der ESA, Pasquale Di Palermo, beschreibt den
Flug als "wertvolle Gelegenheit für Europa, im Weltraum zu experimentieren und
sich gleichzeitig am Boden auf den künftigen Forschungsbetrieb an Bord der
Raumstation vorzubereiten."
Die ESA-Nutzlasten müssen von der Mannschaft auf unterschiedliche Weise
betreut werden - angefangen von einfachen Handgriffen zur Einschaltung der
Experimente bis hin zu komplexen Verfahren für ihren Betrieb und
erforderlichenfalls ihre Reparatur. Bei ARMS sind die Mannschaftsmitglieder
sogar selbst in das Experiment einbezogen, weshalb sie eine intensive Ausbildung
absolvieren mussten, um sich mit dem Gerät vertraut zu machen und
sicherzustellen, dass sie medizinische Tests an sich selbst durchführen können.
Bei seinem Jungfernflug wird ARMS zur Überwachung des Atmungs- und
Herzkreislaufsystems unter Schwerelosigkeit eingesetzt, was den Wissenschaftlern
die Möglichkeit gibt, die Funktionsweise eines komplexen Teils des menschlichen
Organismus zu untersuchen, die normalerweise durch den Einfluss der Schwerkraft
verhüllt ist. Im Rahmen des Experiments werden vier Mannschaftsmitglieder vor,
während und nach der Mission einer sorgfältig überwachten Reihe von Übungen und
Messungen unterzogen, bei denen die durch das Fehlen der Schwerkraft bedingten
Veränderungen der Lungen- und Herzkreislauffunktion ermittelt werden.
Nach der Mission STS-107 soll ARMS als wichtiges Instrument in der
Bodenforschung mit viel versprechenden langfristigen Aussichten eingesetzt
werden, die von der Entwicklung neuer medizinischer Diagnosewerkzeuge zur
Beurteilung der körperlichen Fitness und sogar zur Vorhersage von Erkrankungen
bis zur Ausarbeitung neuer Rehabilitationsmethoden für bestimmte Krankheiten
reichen.
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