GALILEO
Die
mysteriösen Ringe des Jupiter
von
Hans Zekl
für
astronews.com
18. November 2002
Vor mehr als einem Vierteljahrhundert flog die Sonde Pioneer 11 unbemerkt durch
die Ringe des Riesenplaneten Jupiter. Am 5. November wiederholte dies die
NASA-Sonde Galileo erneut. Aber jetzt waren die Wissenschaftler
vorbereitet und erhoffen sich von den Daten neue Hinweise auf die Entstehung der
unscheinbaren Ringe um den Gasriesen.

Galileos Vorüberflug an Amalthea. Bild: NASA/JPL/Michael
Carroll |
Am 2. Dezember 1974 passierte die am 5. April 1973 gestartet Raumsonde Pioneer
11 Jupiter, den größten Planeten im Sonnensystem, und durchflog dabei seine
Ringe. Doch bemerkte dies damals niemand. Erst fünf Jahre später tauchten auf
Bildern der amerikanischen Sonde Voyager 1 Ringe um den Riesenplaneten auf. Als
Voyager am 5. März 1979 in den Jupiterschatten eintauchte, waren die kaum
sichtbaren Ringe im Gegenlicht zu erkennen. Doch nach Pioneer durchflog keine andere Sonde
jemals wieder die Ringe, weder Voyager, Galileo oder Cassini. Bis letzte Woche.
Nun durchflog mit der Sonde Galileo zum ersten Mal nach 28 Jahren wieder
ein Raumschiff die Jupiterringe.
"Wir haben schon eine ganze Weile auf diesen Vorbeiflug gewartet," sagte Joe
Burns, Planetenforscher an der Cornell University und Mitglied des
Galileo-Bildteams. "Das ist eine Gelegenheit die Teilchen, die den Ring bilden,
zu untersuchen und etwas über ihre Umgebung zu lernen."
Galileo umkreist Jupiter nun schon seit sieben Jahren und untersuchte in dieser Zeit
den Planeten und seine Monde. Die gefährlichsten Flüge aber wurden für das jetzt
bevorstehende Ende der Mission aufgehoben. Darunter ist auch der riskante Flug
durch die unbekannte Umgebung der Ringe. Während die Saturnringe aus bis zu
hausgroßen eisigen Brocken bestehen, bilden vermutlich feine und dunkle
Staubteilchen die Jupiterringe. Die Staubkörnchen sind nicht größer als
Rauchteilchen einer Zigarette. Außerdem sind sie extrem schwarz. Gerade mal
fünf Prozent des Sonnenlichts wird
von ihnen reflektiert. Zusätzlich sind die Ringe sehr dünn. Das macht ihre
Beobachtung so schwierig.
Die Herkunft der Ringteilchen wurde von Galileo erst vor fünf Jahren entdeckt.
"Der
Staub stammt von kleinen felsigen Monden, die Jupiter umkreisen," erklärt Burns.
Die Monde werden permanent von kleinen Meteoriten bombardiert, die sich in ihren
Boden bohren und dort explodieren. Die Trümmerstücke davon bilden dann das
Ringmaterial.
Tatsächlich besitzt Jupiter mehrere Ringe. Der Hauptring ist auch der hellste
und innerste. Er besteht aus dem Staub der Monde Adrastea und Metis. Zwei weiter
außen liegende zarte Ringe schließen sich an den Hauptring an. Deren Material
stammt von den Monden Thebe und Amalthea. Ein extrem dünner Ring liegt ganz
außen, der Jupiter auch noch entgegengesetzt umkreist. Möglicherweise besteht er
aus eingefangenem interplanetaren Staub. Aber das ist bloß eine Vermutung, der
tatsächliche Ursprung ist unbekannt.
Galileo flog nun durch einen der zarten Ringe. Gleichzeitig näherte sich die
Sonde auch dem 100 Kilometer großen Mond Amalthea bis auf etwa 160 Kilometer an.
Das bot die Gelegenheit, dessen Masse genauer zu bestimmen. Die wesentlich
massiveren Saturnringe sind möglicherweise die Trümmer eines solchen Mondes. Die
Jupiterringe dagegen sind so etwas wie Mondstaub.
Seit vielen Milliarden Jahren werden die Jupitermonde nun schon bombardiert. So entsteht
die Frage, wo das ganze Material geblieben ist, und warum die Ringe nicht
dichter sind? Burns hat eine Erklärung dafür: "Die Staubkörnchen, die in die
Jupiterringe gelangen, bleiben dort nicht für immer. Der Staub spiralt langsam
in Richtung Jupiter und verschwindet irgendwann." Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer ist das Sonnenlicht. Der Staub absorbiert
das Sonnenlicht und verliert dabei etwas von seinem Impuls. Zusätzlich ist der Staub elektrisch
geladen. Um Jupiter liegt eine große Wolke elektrisch geladener Gasteilchen,
ein Plasma. Wenn der Staub damit zusammenstößt, verliert er weiter an
Geschwindigkeit. Beide Effekte zusammen bewirken, dass der Staub innerhalb von
etwa 100.000 Jahren verloren geht. Deshalb müssen die Ringe ständig mit frischem
Material aufgefüllt werden.
Während des Durchflugs arbeiteten die elektromagnetischen Sensoren und der
Staubdetektor der Galileo-Sonde einwandfrei. Damit konnten die Größe und
die Bewegung der Staubteilchen vermessen werden. Nach diesem Durchflug ist
Galileo nun auf seinem letzten Weg, der ihn im September 2003 auf Jupiter
abstürzen lässt. Das Raumschiff besitzt kaum noch Treibstoff, um die Antenne auf
die Erde auszurichten und ihre Lage zu kontrollieren. Deshalb wird die Sonde,
solange sie noch steuerbar ist, zu einem kontrollierten Absturz auf Jupiter
gebracht. Damit wird ein eventueller Zusammenstoß mit dem Mond Europa vermieden,
unter dessen eisiger Oberfläche sich möglicherweise ein verborgener Ozean
befindet, in dem sich Leben entwickelt haben könnte.
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