MILCHSTRASSE
Gewaltiger Starburst
in 300 Millionen Jahren
von Rainer Kayser
7.
Juni 2002
In rund 300 Millionen Jahren dürften im Zentrum der Milchstraße in
nur sehr kurzer Zeit sehr viele neue Sterne entstehen. Das ergaben jetzt
Beobachtungen mit dem Antarctic Submillimeter Telescope. Zusammen
mit diesem Starburst genannte Phänomen, das man auch in anderen
Galaxien beobachtet, entstehen auch zwei gewaltige Jets, die aber
glücklicherweise nicht in Richtung Erde gerichtet sind.
So könnte unsere Milchstraße in 300 Millionen Jahren aussehen.
Bild: David Aguilar, Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics |
In 300 Millionen Jahren kommt es im Zentrum unserer Milchstraße
explosionsartig zur Entstehung neuer Sterne. Das berichtet jetzt Antony Stark
vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge,
Massachusetts. "Viele der dann entstehenden Sterne sind sehr massereich und
deshalb kurzlebig", erklärte der Astrophysiker auf einer Fachtagung in
Albuquerque, Neu-Mexiko. "Sie verbrauchen ihren Kernbrennstoff sehr schnell und
explodieren dann als Supernova." Die Folge: Im Zentrum der Milchstraße kommt es
zu einem wahren Sternenfeuerwerk. Statt einer Supernova alle hundert Jahre
können wir dann jedes Jahr eine Supernova in unserer Galaxis sehen, so Stark.
Antony Stark und seine Kollegen hatten die Molekülwolken im Zentrum der
Milchstraße mit dem Antarctic Submillimeter Telescope, das bei der
Amundsen-Scott-Station am Südpol installiert ist, beobachtet. Im Bereich der
Submillimeter-Strahlung, die sich nur vom Weltraum, hohen Bergen oder der
Antarktis aus gut beobachten lässt, können die Astronomen besonders gut die
Temperatur und die Dichte der kosmischen Gaswolken bestimmen.
Die Beobachtungen zeigen, dass die Wolken extrem kalt - wenige Zehntel Grad über
dem absoluten Nullpunkt - und sehr dicht sind. Das Gas befindet sich, so Stark,
nahe der "kritischen Dichte", bei der ein unaufhaltsamer Kollaps der Gaswolken
beginnt, aus dem dann neue Sterne hervorgehen. Wenn es soweit ist, steigt die
Sternentstehungsrate in der Zentralregion unserer Milchstraße um das 10- bis
100-fache an. Stark und seine Kollegen vermuten, dass die explosionsartige
Sternentstehung im Zentrum der Milchstraße zyklisch alle 500 Millionen Jahre
stattfindet.
Das freiwerdende Gas dürfte auch das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße
mit neuem Material versorgen. Das wird zu zwei gewaltigen Jets in Richtung des
galaktischen Nord- und Südpols führen. "Wir können glücklich sein, dass diese
Jets so orientiert und nicht etwa in die galaktische Scheibe gerichtet sind",
meinte Stark. "Sonst würde nämlich das Leben auf der Erde periodisch immer
wieder ausgelöscht werden."
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