Ein Wissenschaftlerteam aus Kanada, den USA und Großbritannien
veröffentlichte am Samstag neue Daten über die Gesamtanzahl von Neutrinos, die
die Erde von der Sonne erreichen. Die Forscher bezogen sich dabei aus
Messergebnisse des Sudbury Neutrino Observatory in Kanada. Sie konnten
zudem bestimmen, wie viele so genannten Elektronen-Neutrinos unseren Planeten
erreichen. Diese Neutrino-Art wird in der Sonne produziert. Die Ergebnisse
bestätigen frühere Resultate: Nur ein Bruchteil der eigentlich in der Sonne
produzierten Elektronen-Neutrinos erreicht die Erde, die winzigen Partikel
müssen sich also auf dem Weg zur Erde von einem Elektronen-Neutrino in einen
anderen Neutrinotyp verwandeln.
"Diese neuen Ergebnisse zeigen klar, simpel und sehr genau, dass solare
Neutrinos ihren Typ ändern", unterstreicht Art McDonald, Projektdirektor am
Sudbury Neutrino Observatory die Bedeutung der Ergebnisse. "Die Gesamtzahl
der beobachteten Neutrinos stimmt außerdem hervorragend mit den Berechnungen
über die nuklearen Reaktionsprozesse auf der Sonne überein. Das gesamte Team ist
wirklich begeistert, weil uns die genauen Messungen auch weitere
Neutrinoeigenschaften, wie etwa die Masse, mit großer Genauigkeit bestimmen
lassen werden."
Neutrinos sind winzige Partikel, die keinerlei elektrische Ladung haben und
nur eine äußerst geringe Masse. Sie kommen in drei verschiedenen Typen vor, die
jeweils in Zusammenhang mit geladenen Elementarteilchen stehen: als Elektron-, Myon- und Tau-Neutrino. Unsere Sonne sendet durch ihre nuklearen Fusionsprozesse
im Inneren Elektronen-Neutrinos aus, deren Anzahl man aus den Theorien über die
Kernfusion in Sternen vorhersagen kann. Dummerweise entdeckte man immer deutlich
weniger Elektronen-Neutrinos auf der Erde als vorhergesagt - ein Umstand, der
lange Zeit als das "solare Neutrino-Problem" bekannt war.
Auch die neuen Ergebnisse, die in einem Neutrino-Detektor in einer Mine im
kanadischen Ontario gewonnen wurden, bestätigen dieses solare Neutrino-Problem
und unterstützen gleichzeitig den seit einiger Zeit vorgeschlagenen Ausweg aus
diesem Problem. Neutrino-Detektoren sind meist tief unter der Erde zu finden, um
so möglichst Einflüsse durch andere Strahlung auszuschließen. Neutrinos
durchdringen die Erde ohne Probleme und sollten - so die Hoffnung der Physiker -
in dem unterirdischen mit schweren Wasser gefüllten Tank hin und wieder mit
einem Teilchen kollidieren und dadurch für einen kurzen Lichtblitz sorgen, der
durch überall angebrachte Fotozellen aufgefangen wird.
Nach den jetzt veröffentlichten Ergebnissen sind nur etwa ein Drittel der
Neutrinos, die die Erde von der Sonne erreichen, Elektronen-Neutrinos.
Allerdings konnten die Forscher ein schon im Juli letzten Jahren gefundenen
Hinweis bestätigen, dass nämlich mit einer Sicherheit von über 99 Prozent die
Elektronen-Neutrinos auf dem Weg zur Erde ihren Typ ändern. Waren die Ergebnisse
aus dem letzten Jahr noch von einem Vergleich mit einem Neutrino-Detektor in
Japan abhängig, basieren die nun veröffentlichten Daten vollständig auf
Ergebnissen aus Sudbury. Das solare Neutrino-Problem gilt somit als gelöst: "Es
gibt keinen Zweifel mehr, das die Neutrinos ihren Typ ändern und wir wissen
sogar den Unterschied der Masse der beiden Typen."