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SKYVIEW
Schüler jagen kosmische Teilchen
Redaktion
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24. Dezember 2001

In den Schulen Nordrhein-Westfalens will man künftig mit einer ganz neuen Methode versuchen, Schüler für die Naturwissenschaften zu begeistern. Gleichzeitig soll dabei eine Nachweisanlage für hochenergetische Teilchen aus dem Kosmos aufgebaut werden. Der Name des spektakulären Experiments: SkyView.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert im Rahmen eines Verbundforschungsprojektes die erste Stufe von SkyView mit zunächst einer Million Mark. Das Experiment ist von der Arbeitsgruppe Astroteilchen-Physik der Universität Wuppertal initiiert worden, die auch die Federführung hat. Die Idee hatte bereits vor einigen Jahren der im letzten Sommer emeritierte Experimentalphysiker Professor Dr. Hinrich Meyer.

Die Frage, woraus die hochenergetische kosmische Strahlung besteht und woher sie kommt, ist eines der interessantesten physikalischen Probleme überhaupt. Seit langem ist bekannt, dass wir nicht nur das Licht von Sonne und Sternen sehen, sondern auch einer permanenten "Dusche" von Elementarteilchen aus dem Kosmos ausgesetzt sind. Die Energie dieser Teilchen liegt beim Milliardenfachen medizinischer Röntgenstrahlung. Je höher die Energie ist, desto seltener werden allerdings die einschlägigen Ereignisse. Die untere Grenze ist die Energie, die ein Teilchen braucht, um das Magnetfeld der Erde zu überwinden. Solche niederenergetischen Teilchen stammen aus der Sonne oder aus Supernova-Explosionen innerhalb unserer Galaxie. Es handelt sich dabei um Atomkerne verschiedener Massen. Je größer das Objekt ist, das bei seiner Explosion die Teilchen beschleunigt, desto höher ist die Energie, die es erreichen kann. Weil kleinere Sterne häufiger sind als große, müssen niederenergetische Teilchen auch häufiger sein als hochenergetische.

Ab einer bestimmten Energie ist man sich jedoch nicht sicher, woher die Teilchen stammen. Lange Zeit glaubte man, es gebe eine Höchstgrenze für die Energie der Kosmischen Strahlung und diese sei durch die Häufigkeit bestimmt, mit der die schwersten Sterne unserer Galaxie explodieren. Hochenergetische Teilchen sollten auch dadurch seltener werden, dass sie dem Magnetfeld der Galaxie entkommen können. Warum sind diese Teilchen nun so interessant für die Physiker, dass man eine so riesige Teleskopanlage benötigt?

Zunächst scheint ihre Existenz dem Lehrbuchwissen zu widersprechen: Aus der Galaxie können die Teilchen nicht kommen, weil hinreichend kraftvolle Quellen fehlen. Aber auch aus sehr großen Abständen nicht, weil sie sonst ihre Energie auf dem Weg zur Erde in Kollisionen verloren hätten.  Weil die Energiedichte des Universums nach der allgemein akzeptierten Urknall-Theorie in kosmologischer Vergangenheit mit der Zeit abnahm, sind Erkenntnisse über die Geschichte des Universums zu erwarten. Auch über die Astrophysik der kraftvollsten Teilchenbeschleuniger werden in einem Energiebereich, der anderen Messmethoden nicht zugänglich ist, Informationen gesammelt.

Wenn ein hochenergetisches Teilchen in die Atmosphäre eindringt, wechselwirkt es mit den Atomkernen in der Erdatmosphäre. Die Kerne werden dabei zerstört und zerfallen in sekundäre Teilchen. Da auch diese weiter wechselwirken, entwickelt sich eine Teilchenkaskade, die lawinenartig auf die Erde niedergeht.

Der Ursprung der kosmischen Strahlung ist weitgehend ungeklärt. Man geht davon aus, dass die kosmischen Teilchen in den Zentren ferner Galaxien, die unvorstellbar massive schwarze Löcher beinhalten, beschleunigt werden. Diese seltenen Quellen sind so weit von der Erde entfernt, dass die Teilchen einen substantiellen Teil ihrer Energie auf dem Weg zur Erde verlieren. Teilchen mit den höchsten Energien sollten die Erde gar nicht mehr erreichen können. Allerdings sind etwa zwanzig dieser Teilchen in den vergangenen Jahrzehnten in verschiedenen Experimenten nachgewiesen worden. Ihr Nachweis erfolgt über die Entdeckung von Teilchenschauern, die in der hohen Atmosphäre ausgelöst werden und auf der Erde auf einer typischen Fläche von mehreren Quadratkilometern auftreffen.

Je höher die Energie ist, desto größer ist die Erdoberfläche, die von der Teilchen-Lawine bedeckt wird. In dem untersuchten Energiebereich werden mehrere Quadratkilometer gleichzeitig mit Teilchen bedeckt. Auf einer so großen Fläche kann stichprobenartig in Abständen von etwa einem Kilometer getestet werden, ob und wann Teilchen niedergegangen sind. Da die gesuchten Ereignisse nur einmal pro Quadratkilometer und Jahrhundert beobachtet werden, muss zu ihrer Erforschung eine Luftschauernachweisanlage ("Array") von mehreren tausend Quadratkilometern gebaut werden.

SkyView soll im Endausbau eine Fläche von 5000 Quadratkilometern erfassen und damit etwa 5000 Mess-Stationen haben, wofür die Forscher ca. 50 Millionen Mark benötigen. Die einfachsten Nachweisinstrumente für geladene Teilchen sind bestimmte Kunststoffmaterialien, in denen von durchgehenden geladenen Teilchen Lichtblitze erzeugt werden. Diese Lichtblitze können von Lichtverstärkern zu elektrischen Signalen verstärkt werden. Ein einzelner solcher Zähler würde kontinuierlich Signale nachweisen. Ein mit dem Internet verbundener PC leitet die Informationen über Zeitpunkt und Größe der innerhalb einer Schule registrierten Teilchen-Ereignisse an einen Zentralcomputer der Universität weiter. Durch Zeitvergleich zwischen mehreren Schulen werden die wirklich hochenergetischen Ereignisse, bei denen mehr als vier Schulen gleichzeitig etwas gesehen haben, ermittelt. Der Computer zeigt, welche Nachbarschulen zeitgleich von Luftschauern getroffen worden sind.

Der technische Aufbau ist pädagogisch so transparent, dass er Schülern verständlich ist. Vielleicht wird eine benachbarte Grundschule von einer gymnasialen Arbeitsgruppe gleich mitbetreut. Die Schüler gewinnen einen Einblick in eine faszinierende Wissenschaft. Die bestechende Idee der Wuppertaler Physiker: Kostengünstig ein Großexperiment der Grundlagenforschung aufbauen. Wegen der Größe des Experimentes kann es aber trotzdem nur international realisiert werden. Zunächst sind Universitäten aus den Niederlanden und NRW beteiligt.
 

Links im WWW
SkyView, Homepage der Universität Wuppertal
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